WPK-Stellungnahme zum Grundsatzpapier Wissenschaftskommunikation des BMBF
Veröffentlicht am 16. November 2019 von Redaktion 2 KommentareMehr Wissenschaftskommunikation allein löst nicht die gesellschaftlichen Probleme:
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) will künftig die Förderung der Wissenschaft stärker an die Bedingung knüpfen, dass Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen öffentlich über ihre Forschung kommunizieren. Für Ministerin Anja Karliczek trägt die derart „kommunizierende Wissenschaft“ dazu bei, Vorbehalte gegenüber Entwicklungen in der Wissenschaft abzubauen. Wissenschaftskommunikation sei dazu prädestiniert, Fake News zu bekämpfen und Vertrauen in die Forschung zu schaffen.
Wissenschaftskommunikation ist wichtig. Die Wissenschaftspressekonferenz (WPK) ist jedoch der Auffassung, dass ein weiterer Ausbau allein keine Lösung für die genannten Probleme darstellt. In dem vom BMBF vorgelegten Grundsatzpapier fehlt auch eine Analyse, warum noch mehr Kommunikation durch die Wissenschaft selbst vertrauensbildend wirken soll und nicht geradewegs den gegenteiligen Effekt erzeugt, nämlich eine misstrauische Gesellschaft, die einer immer lauter werdenden Eigenkommunikation der Wissenschaft mit steigender Skepsis begegnet.
Die WPK bedauert, dass die Rolle eines unabhängigen und qualitativ hochwertigen Wissenschaftsjournalismus für die Lösung der genannten gesellschaftlichen Probleme, nur am Rande erwähnt wird. Die existenzbedrohende Krise, der sich der Wissenschaftsjournalismus hierzulande infolge des Medienwandels ausgesetzt sieht, wird leider mit keinem Wort erwähnt. Auch um die gesellschaftlichen Folgen eines Wegfalls der vierten Gewalt in diesem Bereich geht es nicht.
Die WPK befürchtet, dass eine bloße Ausweitung der Wissenschafts-PR ohne flankierende Ideen, wie man dem Erosionsprozess des Wissenschaftsjournalismus begegnen will, am Ende alle genannten Probleme eher verschärft und nicht löst – nicht nur zum Nachteil des Wissenschaftsjournalismus, sondern auch und gerade zum Nachteil für die Reputation der Wissenschaft selbst.
Anschlussfähiges Orientierungswissen für komplexe gesellschaftliche Herausforderungen entsteht nicht durch immer mehr institutionalisierte Wissenschaftskommunikation. Vielmehr bedarf es der kritischen, öffentlichen und unabhängigen Reflexion der Wissenschaft durch Fremdbeobachtung, wie sie guter Wissenschaftsjournalismus liefert. Die WPK ist besorgt darüber, dass sich nicht zuletzt durch Prozesse, wie sie das BMBF nun anstößt, die Gewichte trotz gegenteiliger Intentionen zum Nachteil für eine informierte Zivilgesellschaft verschieben werden. Zur Stärkung einer wehrhaften Demokratie, die evidenzbasiert nach bestmöglichen Entscheidungen sucht, hätte es angesichts der sich stellenden Herausforderungen anderer Vorschläge bedurft als mehr Kommunikation aus der Wissenschaft.
Kommentare
Manfred Ronzheimer schreibt:
17. November 2019 um 09:00 Uhr
Völlig richtig, diese Argumentation. Ich habe das der Ministerin bei der Pressekonferenz ebenfalls direkt gesagt. Sie erwiderte, man könne der Presse aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht helfen. Ich sagte: Dann können Sie dem Wissenschaftsjournalismus beim Sterben zusehen. In 10 Jahren ist alles vorbei. Außerdem ziemlich unchristlich für eine CDU-Politikerin, einem Notleidenden Hilfe zu verweigern. Ich gehe in der taz auf das Papier noch kritisch ein. Die SZ hat es auch schon verrissen
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[…] glauben, oder folgen populistischen Stimmen und Stimmungsmachen. In einer kurz darauf erschienenen Stellungnahme der Wissenschaftspressekonferenz (WPK) postuliert diese, dass die Rolle von Wissenschaftsjournalismus in dem Papier viel zu kurz kommt – […]