Ein Wochenrückblick des Science Media Center, über welche Forschungsergebnisse viele Wissenschaftsjournalisten zeitnah berichten:

Der Großteil des weltweiten Anstiegs an FCKW-Emissionen stammt aus zwei chinesischen Provinzen (Nature)

Zwischen 40 und 60 Prozent des Anstiegs der globalen Trichlorfluormethan(CFC-11)-Emissionen von 2013 bis 2017 gehen auf Emissionen in den Ostchinesischen Provinzen Shandong und Hebei zurück. Dies entspricht etwa 7000 Tonnen jährlich und hat dazu geführt, dass das atmosphärische CFC-11 deutlich langsamer zurückgeht, als geplant. CFC-11 ist als für die Ozonschicht schädlicher Fluorchlorkohlenwasserstoff (FCKW) eigentlich auch in China verboten, doch direkte Emissionsmessungen stehen zur Kontrolle des Verbots nicht öffentlich zur Verfügung. Stattdessen hat ein internationales Team von Wissenschaftler*innen Daten von südkoreanischen und japanischen Messstationen ausgewertet. Mittels Atmosphärenmodellen haben die Forscher*innen dann den Ursprung der Emissionen bestimmen können. Sie vermuten, dass das FCKW in der Produktion beispielsweise von Schaumstoffen eingesetzt worden ist. Daher glauben sie, dass ein großer Anteil des eingesetzten FCKW erst nach und nach in den nächsten Jahrzehnten entweichen wird. Dementsprechend dürfte die Abnahme des FCKW in der Atmosphäre noch lange Zeit verlangsamt erfolgen. Zudem haben die Forscher*innen mangels Messstationen in vielen Regionen der Erde die weiteren Quellen des globalen Anstiegs der Emissionen noch nicht auffinden können. Ihre Studie haben sie am 22.05.2019 im Fachmagazin Nature publiziert.

Mindestens zwölf Mal ist in deutschsprachigen Medien unabhängig voneinander über die Veröffentlichung geschrieben worden. Dabei ist oftmals auch über Ermittlungen chinesischer Behörden gegen emittierende Firmen berichtet worden. Einzig die Welt am Sonntag hat in ihrem sehr ausführlichen Artikel einen an der Studie unbeteiligten Experten zu den Ergebnissen befragt. Der Forscher des Alfred-Wegener-Instituts in Bremerhaven bezeichnete die Befunde als sehr besorgniserregend.

Steckbrief

Journal: Nature

Pressemitteilungen: Ja (Vom Forschungsinstitut)

Aufgegriffen von:

  • Focus Online (14.05.2019)
  • dpa: Redaktionsnetzwerk Deutschland (Wolfsburger Allgemeine: 22.05.2019), Spiegel Online, Welt Online (22.05.2019)
  • Die Presse (23.05.2019)
  • Neue Zürcher Zeitung Online (23.05.2019)
  • science.ORF.at (23.05.2019)
  • scinexx.de (23.05.2019)
  • Spektrum.de (23.05.2019)
  • Süddeutsche Zeitung Online (22.05.2019)
  • APA: Standard Online (23.05.2019)
  • Deutschlandfunk Forschung Aktuell (23.05.2019)
  • Business Insider Germany (24.05.2019)
  • Welt Am Sonntag (26.05.2019)
  • SRF.ch (27.05.2019)

Frauen haben im Versuch bei deutlich höheren Temperaturen ihr Leistungsoptimum als Männer (PLOS One)

In einstündigen Tests, die mathematische und sprachliche Aufgaben beinhalteten, haben Frauen bei höheren Temperaturen von über 30 Grad Celsius ihr Leistungsoptimum erreicht, Männer dagegen bei rund 20 Grad. Im Durchschnitt haben sich die Ergebnisse der Frauen pro Grad angestiegener Temperatur annähernd linear um mehr als ein Prozent verbessert. Bei 30 Grad haben sie etwa ein Drittel mehr Aufgaben gelöst als bei 16 Grad. Die Resultate der Männer haben sich nicht signifikant verschlechtert. Dies ist das Ergebnis einer Studie mit 543 Proband*innen, die am 22.05.2019 im Fachblatt PLOS One von Forscher*innen der University of South California und des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung publiziert worden ist. Temperaturen unter 16 und über 33 Grad sind in der Studie nicht untersucht worden. Da die Frauen bei höheren Temperaturen auch insgesamt mehr Aufgaben in der vorgegebenen Zeit bearbeitet haben, vermuten die Forscher*innen, dass ein generell gesteigerter Einsatz verantwortlich für die unterschiedlichen Ergebnisse gewesen ist. Sie schlussfolgern aus ihrer Studie, dass Firmen ihre Produktivität durch höhere Temperaturen an den Arbeitsplätzen von Frauen steigern könnten.

Mindesten neun Mal ist von deutschsprachigen Medien über die Studie berichtet worden. Die dpa hat einen an der Studie unbeteiligten Experten der Technischen Universität Dortmund zur Studie interviewt. Dieser meinte laut dpa, die Zahl der Experimente hätte zwar größer sein können, sie reiche aber dennoch aus, um Zufall als Ursache für die Leistungsunterschiede auszuschließen.

Steckbrief

Journal: PLOS One

Pressemitteilungen: Ja (von der Fachzeitschrift, vom Forschungsinstitut)

Aufgegriffen von:

  • Standard Online (22.05.2019)
  • aerzteblatt.de (23.05.2019)
  • RTL.de (23.05.2019)
  • science.ORF.at (23.05.2019)
  • Spiegel Online (23.05.2019)
  • Süddeutsche Zeitung Online (23.05.2019)
  • dpa: Berliner Zeitung (26.05.2019), inSüdthüringen.de (26.05.2019), ZDF.de (26.05.2019), Hamburger Abendblatt (27.05.2019), Handelsblatt (27.05.2019), Frankfurter Allgemeine Zeitung Online (27.05.2019), Stern online (27.05.2019), Welt (27.05.2019)
  • BR.de (27.05.2019)
  • Frankfurter Rundschau (28.05.2019)

 

In vielen reichen Ländern steigt bei jungen Erwachsenen die Darmkrebs-Rate rasch an (Gut; The Lancet Gastroenterology & Hepatology)

In 20 analysierten europäischen Ländern hat die Darmkrebs-Rate bei 20 bis 29-Jährigen von 2004 bis 2016 um 7,9 Prozent pro Jahr zugelegt. Von 1990 bis 2016 ist die Indizenz in dieser Altersgruppe insgesamt von 0,8 auf 2,3 pro 100.000 Menschen gestiegen. Auch für alle anderen Altersgruppen unter 50 Jahren sind die Darmkrebsraten gestiegen. Bei den über 50-jährigen sind sie dagegen zurückgegangen. Dies ist das Ergebnis einer Analyse von Wissenschaftler*innen des Erasmus University Medical Center, die am 16.05.2019 im Fachblatt Gut veröffentlicht worden ist. Zeitgleich ist im Fachmagazin The Lancet Gastroenterology  & Hepatology von Forscher*innen der Internationalen Agentur für Krebsforschung eine Studie publiziert worden, die ähnliche Entwicklungen unter anderem für Australien, Kanada und Neuseeland diagnostiziert hat. Die Ursache für die gestiegenen Raten bei jungen Menschen hat keine der Studien untersucht.

Mindestens fünf Mal ist in deutschsprachigen Medien unabhängig voneinander über die Veröffentlichungen berichtet worden. Der Rückgang der Raten bei älteren Menschen ist durchweg mit ausgeweiteten Vorsorgeuntersuchungen erklärt worden. In der dpa-Meldung zur Studie sind zwei an den Studien unbeteiligte Experten der Medizinischen Klinik im St. Joseph-Stift Bremen und des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg zu Wort gekommen. Beide meinten, es sei weiterhin nicht notwendig Darmspiegelungen auch in jüngeren Altersgruppen anzubieten, da die absoluten Fallzahlen hier noch immer niedrig seien. Die Ursache für den Anstieg der Darmkrebs-Inzidenz müsse aber geklärt werden. In Frage käme dafür laut dem Experten des St-Joseph Stifts ein immer ungesünderer Lebensstil bezüglich Ernährung und körperlicher Aktivität. In der Neuen Zürcher Zeitung sind zwei weitere unbeteiligte Experten des Universitätsspitals Basel und des Universitätsspitals Zürich zu den Studien zitiert worden. Ersterer wies darauf hin, dass trotz der gestiegenen Darmkrebs-Rate bei jüngeren Menschen die Sterblichkeit gleich geblieben sei. Daher bestehe kein Grund für Panik. Beide Experten hielten die Ausdehnung der Vorsorgeuntersuchungen ebenfalls nicht für notwendig.

Steckbrief

Journal: Gut, The Lancet Gastroenterology & Hepatology

Pressemitteilungen: Gut-Studie: Ja (vom Fachmagazin), Lancet-Studie: Ja (vom Fachmagazin)

 

Aufgegriffen von:

  • aerzteblatt.de (20.05.2019)
  • dpa: Redaktionsnetzwerk Deutschland (Hannoversche Allgemeine Zeitung (23.05.2019)), Welt (25.05.2019), Berliner Zeitung (28.05.2019)
  • Neue Zürcher Zeitung Online (25.05.2019)
  • Deutschlandfunk (27.05.2019)
  • Focus Online (30.05.2019)

 

*Protokoll: Hendrik Boldt

 

1Die Vorhersage der Auswahl von Themen seitens der Journalisten gleicht dem täglichen Blick in die Glaskugel. Haben Journalisten das entsprechende Fachjournal auf dem Schirm? Werden sie das Thema aufgreifen und berichten? Wenn ja: mit welchem Dreh? Wenn nein: Kann es sein, dass wichtige entscheidungsrelevante Forschungsergebnisse, über die berichtet werden sollte, übersehen werden? Im Science Media Newsreel dokumentiert das Team des SMC einmal pro Woche rückblickend die kongruenten Wissenschaftsthemen, die aus namentlich genannten Fachzeitschriften in Presseerzeugnissen und Internetangeboten aufgegriffen wurden. Erwähnt werden nur solche Themen, die bei unserem zugegeben unvollständigen Monitoring in mehr als fünf unterschiedlichen Redaktionen mit textlich nicht identischen Berichten aufgegriffen wurden.