Wie ist es um den Eisnachschub der Arktis bestellt? Wie sehr schadet ungesunde Ernährung weltweit der Gesundheit? Science Media Newsreel No. 44 (01.04. bis 07.04.2019)
Veröffentlicht am 2. Mai 2019 von Redaktion Hinterlasse einen KommentarEin Wochenrückblick des Science Media Center, über welche Forschungsergebnisse viele Wissenschaftsjournalisten zeitnah berichten:
Immer weniger neues Meereis aus Sibirien gelangt noch in die Arktis (Scientific Reports)
Nur 20 Prozent des vor russischen Küsten neugebildeten Meereises hat es in den letzten Jahren über Meeresströmungen in die zentrale Arktis und schließlich in die Framstraße geschafft. 80 Prozent sind schon vor Erreichen der Zentralarktis geschmolzen. Dagegen sind in den 1990er Jahren noch gut 50 Prozent dieses Eises dorthin gelangt. Das haben von Wissenschaftler*innen des Alfred-Wegener-Instituts analysierte Satellitendaten der Jahre von 1998 bis 2017 ergeben. Unterstützt wird diese Evidenz außerdem durch Eisdicke-Messungen in der Framstraße. Demnach ist das Eis heute ungefähr 30 Prozent dünner als vor 15 Jahren, was ebenfalls auf fehlenden Nachschub aus Sibirien hindeutet. Und schließlich hat sich mit dem Eis auch die Zusammensetzung von Sinkstoffen verändert. Immer weniger Algen, Sedimente und Nährstoffe aus den russischen Meeren gelangen in die Framstraße. Die Wissenschaftler*innen glauben, dass dies die Biochemie und Ökologie des Arktischen Ozeans verändern könnte. Veröffentlicht worden ist ihre Studie am 02.04.2019 im Fachblatt Scientific Reports.
Mindestens acht Mal haben deutschsprachige Medien unabhängig voneinander über die Studie berichtet. Dabei sind ausschließlich an der Studie beteiligte Expert*innen zitiert worden. Einhelliger Tenor der Berichterstattung: Ein weiterer Schritt in Richtung eisfreie Arktis ist getan.
Steckbrief
Journal: Scientific Reports
Pressemitteilungen: Ja (vom Forschungsinstitut)
Aufgegriffen von:
- Deutsche Welle (02.04.2019)
- dpa (02.04.2019): Stern (02.04.2019), Tagesspiegel (02.04.2019), taz (02.04.2019), Zeit Online (02.04.2019), Frankfurter Allgemeine Zeitung (03.04.2019), Kölner Stadt-Anzeiger (03.04.2019), Welt (03.04.2019)
- MDR.de (02.04.2019)
- NDR.de (02.04.2019)
- Spektrum (02.04.2019)
- Spiegel Online (02.04.2019)
- scinexx.de (03.04.2019)
- Augsburger Allgemeine (08.04.2019)
Jeder fünfte vorzeitige Todesfall geht auf das Konto schlechter Ernährung (The Lancet)
Elf Millionen vorzeitige Todesfälle jährlich und 255 Millionen Disability-Adjusted Life Years (DALYs) sind im Jahr 2017 durch schlechte Ernährung verursacht worden. Dies ist das Ergebnis einer Studie, die von einem internationalen Team von Wissenschaftler*innen am 03.04.2019 im Fachblatt The Lancet veröffentlicht worden ist. Sie hatten dabei aus vorherigen Studien bekannte Zusammenhänge zwischen bestimmten Ernährungsgewohnheiten und Krankheitsrisiken genutzt und dies mit Daten zur Ernährungssituation weltweit kombiniert. Ihre Erkenntnis: Insbesondere wird zu viel Salz und zu wenige Vollkornprodukte sowie Obst und Gemüse konsumiert. Mehr als zwei Drittel aller DALYs sind von diesen drei Faktoren hervorgerufen worden. Nach Angaben der Wissenschaftler*innen stehen ihre Ergebnisse damit im Gegensatz zu bisherigen Annahmen, nach denen neben Salz vor allem zu viel Zucker und Fett die Hauptrisiken schlechter Ernährung seien.
Mindestens neun Mal haben deutschsprachige Medien unabhängig voneinander über die Veröffentlichung berichtet. Dabei sind nur ein Mal, von der Süddeutschen Zeitung, an der Studie unbeteiligte Expert*innen der Universität Cambridge zitiert worden. Sie hatten parallel zur Studie im Fachblatt The Lancet einen Kommentar publiziert. Demnach solle der gesundheitspolitische Fokus weg von der Vermeidung bestimmter Inhaltsstoffe hin zum Konsum als gesund geltender Lebensmittel gelenkt werden. Mehrfach ist zudem erwähnt worden, dass die Studienergebnisse mit Vorsicht interpretiert werden sollten: Da es sich nur um epidemiologische Beobachtungsstudien handele, könnten nur Assoziationen gezeigt werden. Bei Spiegel Online ist zudem auf einen Wissenschaftler der Stanford University hingewiesen worden, der die Ergebnisse und Methodologie der Ernährungswissenschaften generell stark kritisiert hat und für reformbedürftig hält.
Steckbrief
Journal: The Lancet
Pressemitteilungen: Ja (von der Fachzeitschrift)
Aufgegriffen von:
- AFP (04.04.2019) & dpa (04.04.2019): Tagesspiegel (04.04.2019)
- aerzteblatt.de (04.04.2019)
- Ärztezeitung (04.04.2019)
- Deutsche Welle (04.04.2019)
- dpa (04.04.2019): Handelsblatt (04.04.2019), Stern (04.04.2019), Welt (04.04.2019)
- MDR.de (04.04.2019)
- Neue Zürcher Zeitung Online (04.04.2019)
- Spiegel Online (04.04.2019)
- Süddeutsche Zeitung Online (04.04.2019)
*Protokoll: Hendrik Boldt