Beim WPK-Pressegespräch am 15. Februar hatte die Ärztin und Journalistin Riko Muranaka berichtet, wie in ihrer Heimat Japan ein Mix aus Fake Science und Fake News eine Panikreaktion gegen das Impfen ausgelöst hat. Sie selbst wurde aufgrund ihrer evidenzbasierten Berichterstattung stark angefeindet. Ein impfkritischer Arzt hat sie 2016 wegen Verleumdung verklagt.

Zahlreiche Berichte sind seit dem Pressegespräch in deutschsprachigen Medien erschienen.

Heute (26.3.) hat nun ein Bezirksgericht in Tokio über die Klage gegen Riko Muranaka entschieden. Er gab dem Kläger Recht. Muranaka, der Verleger der Zeitschrift „The Wedge“, und der damalige Chefredakteur des Magazin, in dem Muranaka bis dahin veröffentlicht hat, sollen umgerechnet rund 26.450 Euro Strafe zahlen. Sie müssten zudem die Anwaltskosten des Klägers übernehmen, berichtet Muranaka. Das Magazin „The Wedge“ muss laut Urteil eine Gegendarstellung veröffentlichen und einen Teil des Artikels, in dem der Arzt kritisiert wird, löschen.

„Es tut mir leid zu hören, dass das Bezirksgericht Tokio die Wissenschaft und ein öffentliches Interesse ignorierte und die Ausreden des Klägers akzeptierte“, schreibt Riko Muranaka in einer Erklärung. „Diese Entscheidung hat nichts mit der Sicherheit der HPV-Impfstoffe zu tun“. Das Urteil sei weder ein Beweis für die Qualität der Forschung des klagenden Arztes, noch beweise es die Qualität seiner anderen Studien.

Worum ging es in dem Verfahren genau?

Die japanische Regierung hatte 2016, als die Impf-Hysterie im Land entstand, eine Studie in Auftrag gegeben, um zu klären, wie sicher die HPV-Impfung ist. Dazu sollte der HPV Impfstoff noch einmal an Mäusen getestet werden. Dabei zeigten sich angeblich grün angefärbte Schäden im Gehirn, wie Dr. Shuichi Ikeda von der Shinshu Universität im japanischen Fernsehen berichtete.

Riko Muranaka konnte das nicht glauben und machte sich auf die Suche nach den Beweisen. Sie fand schließlich den Mann, der das Mausexperiment von Ikeda entworfen und durchgeführt hatte. Er habe ihr etwa berichtet, dass er das Experiment mit einer einzigen Maus durchgeführt habe, die eine HPV Impfung erhalten hatte. Auch gab es weitere seltsame Verfahrensschritte. Muranaka schrieb letztlich, dass dies alles sehr irreführend sei, und sie habe dieses Vorgehen, ‚eine Fälschung einer Nebenwirkung‘ genannt.“

Gegen diese Aussage klagte nun Ikeda mit dem Argument, diese Behauptung sei eine Verleumdung. Seine Anwälte erklärten dazu, Ikeda habe nur die Daten „zitiert, der andere Forscher in seiner Gruppe haben diese erhoben, er persönlich habe nichts gefälscht.

Mit der heutigen Entscheidung folgte Bezirksgericht Ikedas Sichtweise und verurteilte die Journalistin zu einer Schadenersatzzahlung.

Und jetzt?

Riko Muranaka hatte schon vor dem Urteil angekündigt, wenn nötig, Widerspruch gegen die Entscheidung des Richters einzulegen und in die zweite Instanz zu ziehen. „Die negativen Auswirkungen von Ikedas Botschaft, dass der HPV-Impfstoff das Gehirn von Mäusen beschädigt habe, sind enorm“, erklärt die Ärztin in ihrem Statement. „Frauen, die sich entscheiden, nicht zu impfen, verlieren ihre Chance, ihr Leben und ihre Gesundheit zu schützen.“

Zur Person: Riko Muranaka

Die Ärztin Riko Muranaka hat 2015 damit begonnen, als Journalistin evidenzbasiert über die HPV-Impfung zu berichten. Die wissenschaftliche Grundlage für die HPV-Impfung wurde vom deutschen Arzt Harald zur Hausen entwickelt, der 2008 für seine HPV-Forschung mit dem Medizin-Nobelpreis ausgezeichnet wurde. 2016 deckte Muranaka auf, dass die Studie, auf die sich viele HPV-Impfkritiker in Japan beziehen, an nur einer einzigen Maus durchgeführt wurde und somit keinerlei wissenschaftlichen Standards genügt. Die Folge: Riko Muranaka erlebt seither massive Anfeindungen. Sie verlor alle Möglichkeiten, in Medien zu publizieren. Ihre Familie wurde bedroht, sie wurde verklagt.

2017 wurde Riko Muranaka wegen ihres Einsatzes für die evidenzbasierte Information der Öffentlichkeit in London mit dem John Maddox-Prize ausgezeichnet (http://senseaboutscience.org/activities/2017-john-maddox-prize/).