Wir kamen, sahen – und checken es nicht
Veröffentlicht am 28. Februar 2019 von Redaktion 44 KommentareDuMont verkauft all seine Zeitungstitel. Ein Fanal für die darbende Medienbranche? Nicht, wenn man Journalisten fragt.
Von Franco Zotta
Ich bin simpel gestrickt. Wenn mir das Wasser bis zur Nasenspitze reicht, suche ich Hilfe. Hilfe bedeutet, mit Unterstützung dem Ertrinken zu entrinnen. Wenn der Kopf wieder so weit über Wasser ragt, dass ich atmen kann, kann ich auch wieder über mehr nachdenken als nur darüber, wie ich nicht ertrinke. Bis dahin aber gilt: Ertrinken ist die schlechteste Idee.
Journalisten, zumindest manche, sehen das offenbar anders. Ehe wir uns diesem erstaunlichen Phänomen im Detail zuwenden, sei eine kurze, aktualisierte Status-Quo-Analyse vorgeschaltet.
Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Der Medienbranche steht das Wasser bis zur Nasenspitze, weil das anzeigenbasierte Geschäftsmodell, auf dem die Branche bislang beruhte, unwiederbringlich zerstört ist. Das bedeutet: Medien ertrinken, seit Jahren, weltweit. In Deutschland aber ist die Medienkrise im öffentlichen Diskurs erstaunlicherweise nie richtig angekommen. Noch 2018 konnte man auf der Jahrestagung des Netzwerks Recherche einer denkwürdigen Veranstaltung über Innovationen im Journalismus beiwohnen, wo ein Medienexperte auf der Bühne saß, der die Medienkrise bereits wieder für beendet erklärte (ab Min 15:58). Und solange die Zeitungsständer an den Bahnhofskiosken überquellen, so eine weitere gern kolportierte These, kann es doch um die Medienbranche hierzulande so schlecht nicht stehen wie anderswo.
Tageszeitungen werden abgestoßen – den Anfang macht DuMont
Die These war schon immer Unsinn, weil in Deutschland bevorzugt eine besonders unsichtbare Form des Mediensterbens praktiziert wurde, nämlich die Zombifizierung. D.h.: Die Medienhäuser entlassen Mitarbeiter, kürzen Budgets von Freien, und bauen Zentralredaktionen, die den gleichen Inhalt in immer mehr Mediengefäße füllen. Der Bahnhofskiosk quillt so weiter über, aber um den Preis, dass immer weniger Journalismus mit immer weniger Mitarbeitern in immer gleicheren Medien produziert wird. In den USA hat dieses Phänomen einen eigenen Namen: Ghost newspapers. Das geht, so lange es geht und das letzte Tröpfchen aus der Zitrone gepresst ist. Manche finden auch jetzt tatsächlich noch ein paar Journalisten, die man entlassen kann. Doch nun ist der Punkt erreicht, wo auch das allein nicht mehr reicht.
Der nächste Schritt: Verlage stoßen ganze Geschäftsfelder ab. Den Anfang macht mit DuMont, die sich von all ihren Tageszeitungen trennen will, ausgerechnet eine Verlagsgruppe, die in den vergangenen Jahren ein Pionier der beschriebenen Zombifizierungsstrategie gewesen ist. Es zeigt sich jetzt offensichtlich, was eh kein Geheimnis war: Zombifizierung war keine Überlebensstrategie, sondern diente nur der Verlängerung des Sterbens. Wie aussichtslos die Lage in der Verlagsbranche inzwischen ist, zeigt sich daran, dass sich Analysten nach der DuMont-Ankündigung vor allem fragen, wer (so verrückt) ist, dem Kölner Verlagshaus die Zeitungstitel noch abzukaufen.
Kurzum: Ratslosigkeit allenthalben, keine Strategie nirgends. Das konzediert, wir kommen nun zu dem eingangs erwähnten erstaunlichen Phänomen, auch Markus Brauck in einem aufschlussreichen Kommentar auf SPON unter dem bezeichnenden Titel „Das Jahr 2019 wird bitter“. Warum das Jahr bitter wird? Brauck kann das sehr schlüssig erklären: Weil niemand weiß, wie man mit Qualitätsjournalismus noch genug Geld verdienen soll, um eine Redaktion zu finanzieren. Das wissen nicht nur die alten Tageszeitungsverlage nicht mehr. Das wissen auch die nicht ganz so alten Online-Medienpioniere nicht. Und auch die jungen Medien in dem Feld wie Buzzfeed, Vice & Co wissen es nicht, weshalb auch sie nun damit beginnen, Journalisten zu entlassen. Und: alle Krisenursachen werden sich noch verschärfen.
Nicht verzweifeln, nötige Hilfe besser ablehnen
Ist all das nicht wirklich Anlass genug, am Zustand des Journalismus in Deutschland zu verzweifeln? Weit gefehlt. Brauck schreibt:
„Man muss deshalb am Journalismus nicht zweifeln oder gar verzweifeln. Man darf deshalb vor allem eins nicht aufgeben: die Suche nach neuen Geschäftsideen, nach neuen Möglichkeiten, Redaktionen und ihre Arbeit zu finanzieren. Die Lösung für diese Krise ist es sicherlich nicht, Journalismus künftig von Staats wegen oder durch Stiftungen zu finanzieren, oder den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in diese Lücke vorstoßen zu lassen.“
Wir halten also fest: Wenn das Wasser bis zur Nasenspitze gestiegen ist, dann nicht verzweifeln. Stattdessen Design-Thinking-Kurse besuchen und hoffen, dass im Anschluss daran das klappt, was schon in der Vergangenheit nicht geklappt hat. Zudem besonders wichtig: Prophylaktisch all jenen, die ihre Hilfe zwar noch gar nicht angeboten haben, aber womöglich tatsächlich Teil einer Lösung sein könnten, schon mal mitteilen, dass man die Hilfe nicht benötigt. Und warum braucht man die Hilfe nicht? Weil der Journalismus eine viel bessere Idee hat als Hilfe anzunehmen:
„Als Nicolaus DuMont im Jahre 1802 in das Zeitungsgeschäft einstieg, war es keineswegs ausgemacht, dass damit eine Erfolgsgeschichte beginnen würde. Die „Kölnische Zeitung“ hatte eine mickrige Auflage, und die allgegenwärtige Zensur bremste die Freiheit der Presse, wo sie nur konnte. Damals wie heute: Ohne Mut und ohne Risiko geht es nicht.“
Das nenne ich eine durchdachte und tragfähige Gesamtstrategie: Hilfe verweigern und zugleich Anekdoten aus der guten alten Zeit verbreiten, die die Gewissheit verströmen: Et hätt noch emmer joot jejange. Kann man so machen. Sollte man aber nicht. Mir ist keine Industrie bekannt, der es ohne externe Strukturanpassungshilfen gelungen ist, ein im Kern zerstörtes Geschäftsmodell allein unter Zuhilfenahme von Mut und Risiko neu zu erfinden. Auch die Kohleindustrie in Deutschland war bis zuletzt voller mutiger Innovateure. Trotzdem hat 2018 der Letzte in der Zeche Prosper-Haniel in Bottrop das Licht endgültig ausgemacht. DuMont hat nun seine Zeitungskumpel auf die Resterampe geschoben. Er wird nicht der Letzte gewesen sein.
Es wäre deshalb ein Segen für die Debatte, wenn Journalisten die Dramatik ihrer Lage insgesamt auch mal zur Kenntnis nehmen würden, ehe auch dort das letzte Licht ausgedreht wird. Schonungslos, ohne naive Anleihen an religiöse Metaphorik, derzufolge Morgen der Heiland kommen wird, der alles richten wird. Er kommt nicht. Punkt. Und dann sagen wir alle zusammen den einen heilsamen Satz der Selbsterkenntnis: „Uns steht das Wasser bis zur Nasenspitze. Wir brauchen Hilfe.“ Der Rest wird dann immer noch schwer genug.
Döpfner in der Märtyrerpose
Zumal, wenn man sich den verzichtbaren Luxus leistet und jene zu den lautesten Branchensprechern werden lässt, die nach der Maxime agieren, dass es etwas Schlimmeres gäbe als den Tod des Journalismus, nämlich seine Subventionierung. Herr Döpfner kann sich diese Märtyrerpose leisten, er wird nicht am Bettelstab enden, wenn der Springer-Verlag in womöglich nicht zu ferner Zukunft den DuMontschen Weg auch beschreiten muss. Aber die Demokratie, sie kann es sich nicht leisten, ganze Landstriche in Medienwüsten zu verwandeln. Und diese entstehen, wenn die Tageszeitungen sterben, was sie vor unseren Augen tun. Denn am Journalismus hängt letztlich nicht weniger die Funktionsfähigkeit eines demokratischen Gemeinwesens.
Gerade weil das so ist, ist eine Kernfrage des demokratischen Selbstverständnisses, wie viel und welche Art von Journalismus wir uns künftig leisten wollen. Für Döpfner & Co, ist die Antwort klar: Journalismus ist das, was sich marktförmig finanzieren lässt. Und nur so lasse sich letztlich auch die Unabhängigkeit des Berufsstands wahren. Doch schon die Annahme, eine Abhängigkeit vom Marktgeschehen sei der Garant für die Unabhängigkeit des eigenen Tuns, ist alles andere als selbstevident. Und die geradezu manische Fixierung auf den Markt verdeckt die viel grundlegendere Frage, ob die Verbindung von Journalismus und Markt zum Wesenskern des Journalismus gehört. In welchem Journalismuskodex steht das geschrieben? Dass man mit Journalismus sehr viel Geld verdienen konnte in der Vergangenheit, war ein Segen für Medienunternehmer. Wenn dieser Konnex brüchig wird, womöglich irreparabel, muss dann die Idee des Journalismus, wie wir ihn heute kennen, mit den Medienunternehmern untergehen? Einleuchtend ist das Argument nicht, denn es verengt ohne Not den Korridor, in dem man nach Lösungen für die Medienkrise suchen kann. Es ist doch offensichtlich, dass die Krise des Geschäftsmodells keine Krise des Journalismus ist, sondern „nur“ eine Krise der Form ist, wie wir bisher Journalismus in weiten Teilen refinanziert haben. Journalismus gehört nicht Herrn Döpfner, sondern ist ein gesellschaftliches Gut, das größer ist als die Art und Weise, wie er momentan organisiert ist.
Journalismus stirbt gar nicht?
Wenn wir nicht damit beginnen, den Horizont zu weiten, in dem man über die Zukunft des Journalismus nachdenken kann, werden jene die Zukunft des Journalismus definieren, deren Horizont im „Monetization Team“ von Facebook geschult wurde. Dort lernt man dann wie folgt zu denken: Journalismus stirbt gar nicht. Vielmehr erfindet er sich gerade neu, indem er sich auf seine Wurzeln besinnt. Worin sie bestehen? Für den Ex-Monetization-Manager Martínez darin, dass er sich von Werten wie Neutralität, Objektivität und Überparteilichkeit, wie der Journalismus sie heute für sich beansprucht, wieder verabschiedet (weil nicht mehr finanzierbar) und sich stattdessen rückbesinnt an die Phase, wo er als parteilicher, aktivistischer Player dafür gesorgt hat, dass Öffentlichkeiten aufmerksam geworden sind auf Themen und Anliegen (das rechne sich auch heute).
Wenn es so kommt – und es wird so kommen, wenn wir keine davon abweichenden Konzepte entwickeln und stark machen – dann ist der Qualitätsjournalismus nicht nur ökonomisch, sondern auch konzeptionell am Ende. Mag sein, dass sich das, was dann an seine Stelle tritt, sogar besser monetarisieren lässt als die Arbeit der New York Times, des Guardian oder der Süddeutschen Zeitung. Aber ob das der Journalismus ist, den sich die Bürger einer demokratischen Gesellschaft wünschen sollten, steht auf einem anderen Blatt.
Foto: pixabay
Hinweis (8. März 2019) : Den Grammatikfehler zu Beginn des Textes haben wir korrigiert.
Kommentare
Gunther Willinger schreibt:
1. März 2019 um 02:40 Uhr
Ausgezeichnete Analyse, siehe dazu auch meine Gedanken zu „Landwirtschaft und freiem Journalismus“ unter https://guntherwillinger.de/wordpress/was-landwirte-und-freie-journalisten-verbindet/
Thomas Weßler schreibt:
8. März 2019 um 12:15 Uhr
Ein Zitat, das ein Dilemma offenbart, über das nicht gesprochen wird:
„Der Medienbranche steht das Wasser bis zur Nasenspitze, weil das anzeigenbasierte Geschäftsmodell, auf der die Branche bislang beruhte, unwiederbringlich zerstört ist.“
Neben dem Grammatikfehler ist hier ein Denkfehler enthalten. Oder ist es gar am Ende kein Denkfehler sondern Meinungsmache und damit (weil verdeckt) Manipulation?
Journalismus hatte einen Wert. Selbst. Journalimus wurde bezahlt. Bezahlt von Lesern, Hörern und TV-Nutzern. Dann kam die Werbung mit Anzeigen, Radiospots und TV-Clips. Und die Verantwortlichen krempelten die Finanzierung des Journalismus um. Es war einfach und effizient, den gesamten „Apparat Publizismus“ mit diesen Einnahmen zu finanzieren. Und die Einnahmen sprudelten. Nicht zuletzt deshalb entstand das Privatfernsehen.
Die Einnahmen sind immer noch da. Nur eben nicht mehr dort, wo Journalismus finanziert wird.
Heute finanzieren sie Fußball-Milliardäre, facebook, Google und all die anderen, die immer wieder auffallen, wenn es um Parteilosigkeit, Fehlinformation, Beeinflussung geht.
Der Journalismus sollte wieder eigenfinanziert sein, wenn nötig auch staatlich subventioniert.
Nicht nur bei den Öffentlich-Rechtlichen. Schon alleine für den Erhalt der Vielseitigkeit, denn das ist eine Stütze der Demokratie und der Freiheit.
Thomas schreibt:
8. März 2019 um 02:17 Uhr
Schwierig. Der Konsument lebt in seiner Echokammer. Der Modelleisenbahner hatte nur seine Zeitung, der Jäger nur seine und der normale Konsument las nicht die komplette Zeitung, sondern nur, was ihn interessierte. Heute erhält der Nachrichtenlieferant (wobei Nachricht nicht im Sinne von Nachrichten gemeint ist, sondern im Sinne von Text- und Inhalt) automatisiertes Feedback des Benutzers, welche Inhalte dieser abruft. Der Nachrichtenlieferant liefert dann individuelle Nachrichten, zugeschnitten auf den Konsumwunsch des Konsumenten. Wenn der Konsument etwas von der rechten Bedrohung lesen will, dann liest der Konsument Nachrichten, die das bestärken. Will der Konsument was zur Ausländerbedrohung lesen, dann liest der eben Nachrichten, die das bestärken. Das äußerte sich früher in den Auflagenzahlen der unterschiedlichen Publikationen und geht nun dazu über, daß ein Contentlieferant alle Nachrichtenkonsumenten selektiv bedient. Der Verdienst der Textersteller (vulgo: Journalisten) richtet sich nach der Größe der Zielgruppe, die diese Nachrichten konsumiert und dafür bereit ist zu zahlen. Dadurch ergibt sich letztlich eine Verschiebung dahingehend, daß es Minderheitennachrichten gibt, die eher von Laienjournalisten bedient werden und einen Mainstream, der eher von Qualitätsjournalisten bedient wird. In diesem Kontext ist die Wirkung der KI zu beachten: sobald diese Texte zusammenfaßt und zielgruppenspezifisch aufbereitet, steigt der Kostendruck auf die Journalisten. Da die Laienjournalisten in der Regel weniger oder gar nicht bezahlt werden, ist besonders der Mainstream vom KI-Einsatz betroffen.
Wenn dann noch zusätzlich eine Verschiebung in der Konsumentengruppengröße stattfindet – der Mainstream zahlenmäßig geringer wird und die Minderheiten größer werden, dann erzeugt dies nicht nur einen Einkommensshift von den Mainstreammedien zu den alternativen, sondern zusätzlich einen Rationalisierungsdruck in dem schrumpfenden Mainstream-Umfeld.
Ein Content-Lieferant, der alle Interessengruppen bedient, hat diese Probleme nicht, weil er selbst davon unabhängig ist, welche Nachrichten konsumiert werden. Das spitze Ende des Stocks haben hingegen diejenigen, die in einem schrumpfenden Content-Umfeld diesen erzeugen.
Heißt: am Ende erwischt’s die Journalisten und zwar um so mehr, je mainstreamiger diese sich aufgestellt haben und je weniger verankert die sind. Dadurch ergibt sich zwangsweise ein Braindrain junger Leute (die dann in der Fabrik arbeiten oder auf dem Feld oder aber in ein neues Nachrichtengenre wechseln), was dazu führt, daß die Edelfedern in ihrem eigenen Saft bräsige Artikel für ein immer kleiner werdendes Publikum schreiben und am Ende nurnoch der modrige Duft der Verwesung in den Redaktionsstuben weht.
Josef König schreibt:
2. März 2019 um 02:13 Uhr
Ich kann es fast nicht anders aussagen, als dass dieser Beitrag einen schalen Geschmack bei mir hinterlässt. Mehr als die Feststellung, dass dem Journalismus das „Wasser bis zum Hals steht“ und daher jeder Cent, egal von wem subventioniert, willkommen ist, und ein merkwürdiges Schimpfen über den Markt, steht da nicht drin. Oder doch: Dass Ideen her müssen, aber selbst keine Idee verbreitet wird. Daher kommt er mir als eine Mischung aus aggressiven Appell nebst unterschwelliger Larmoyanz vor.
Sagen wir es mal anders: Gesetzt den Fall der Journalismus würde ausreichend subventioniert, aber niemand ihn wahrnehmen – was wäre denn damit gewonnen? Es würden womöglich Papier bedruckt, das keiner lesen, Podcasts gesendet, die keiner hören, Videos gedreht, die keiner sehen will? Das wäre die Konsequenz, wenn man den Markt au den eigenen Gedanken verbannt oder ihn gar verteufelt – und immer nur die „Rettung der Demokratie“ als Legitimation für den Journalismus anführt.
Man mag über den Markt schimpfen, aber damit hat man noch lange nicht gezeigt, wie man die Pferde zur Tränke führt, sprich, wie man Leser/Hörer/Zuschauer gewinnen will, die das Produkt auch wahrnehmen wollen. Warum laufen z.B. viele Zuschauer dem TV davon? Warum sterben allmählich selbst die „Zombies“, die keine Blutzufuhr haben?
Ich habe leider (!) zwar keine „Geschäftsidee“ anzubieten, aber ich finde den Vergleich mit der Subvention für die Kohle im Ruhrgebiet einfach unpassend! Oder um es klarer zu sagen: Anstatt Milliarden (aus meiner Sicht überflüssig und vergebens) in die Steinkohle des Ruhrgebiets zu versenken, hätte man schon vor gut 40 Jahren die Zechen konsequent schließen sollen und mit dem Geld, das diese sterbende Industrie am Tropf gehalten hat, neue zukunftsträchtige Zweige gut aufbauen können. Aber die Zechenbarone, SPD-OBs und Gewerkschaften im Ruhrgebiet waren zu starrsinnig und gleichzeitig zu stark, um sich Neuem zu öffnen. Deshalb hinkt diese Region noch immer weit hinter der Entwicklung im Bund hinterher – und „feiert“ gerade das Sinken der Arbeitslosigkeit auf knapp unter 10 Prozent, während sie im Bund nur halb so groß ist (5,3 Prozent). Die frühere Industrieregion Deutschlands par excellence ist heute ein Armenhaus, das seit mehr als 40 Jahren am Tropf hängt.
Soll diese Entwicklung etwa als Vorbild für den Medienbetrieb herhalten? Hoffentlich nicht!
con2art schreibt:
5. März 2019 um 10:11 Uhr
Sie kritisieren den Artikel bezüglich eines „schalen Geschmacks“ und werfen ihm vor, dass er keine Lösung anbietet, aber müssen einen Absatz weiter zugeben, dass sie selbst keine haben? Ich nenne dieses Verhalten verlogen.
Treten Sie einen Schritt zurück, dann erkennen Sie vielleicht, dass der Autor erstmal darauf hinweist, dass die Verlage/Journalisten erkennen müssen, dass sie überhaupt Hilfe brauchen. So lange das dementiert wird, ist jede Idee überflüssig, da diese ignoriert werden wird. Und Ideen gab es die letzten 20 Jahre eine Menge. Kaum eine wurde ausprobiert oder zuende getestet.
Im zweiten Schritt wird auf Döpfner Bezug genommen, der vereinfacht gesagt meint, dass der Markt schon alles regeln würde. Dass der Journalismus sich dem Markt anpassen müsse, weil das schon immer so war. Dass Journalismus und Markt zwei verschiedene Dinge sind, ist ein Punkt der im Artikel deutlich hervorgehoben wird.
Ich persönlich finde es lachhaft, Subventionen grundsätzlich mit Hinweis auf sonstwas auszuschließen. Wer so redet, dem ist seine Lage nicht bewusst. Das ist – um bei dem Beispiel zu bleiben – wie ein Ertrinkener der sagt: „Gurgl, Gurgl, Gurgl, die Dornen an dem Stock könnten giftig sein, geh weg. Glug, Glug, Glug.“
Schewick schreibt:
2. März 2019 um 08:25 Uhr
Ohne die vierte Macht im Staat ist dem Art.5 GG die Grundlage entzogen.
con2art schreibt:
5. März 2019 um 10:14 Uhr
Diese „vierte Macht“ muss aber nicht durch milliardenschwere Verlage und hochdotierte Artikelschreiber erfolgen, die sich hochmütig „Journalisten der Qualitätsmedien“ nennen.
Das Bildblog bspw finanziert sich allein über regelmäßige Spenden. Netzpolitik wird ebenfalls über Spenden querfinanziert. Es reicht nicht immer oder ist manchmal sehr knapp, aber ein Medium, welches seine Seele nicht fürs Clickbaiting verkauft, kann sich eine treue Leserschaft aufbauen.
Siehe dazu auch Wikipedia. Keine Journalisten, aber jedes Jahr Millionenspenden.
Claudia Ruby schreibt:
2. März 2019 um 10:59 Uhr
Kein Journalist möchte Artikel schreiben, die keiner liest oder Filme drehen, die niemand schaut. Aber ehrlich gesagt, mache ich mir darum wenig Sorgen: Wenn man sich die durchschnittliche Mediennutzung in Deutschland ansieht, gibt es sehr wohl einen Bedarf und auch Zeit – nur korrespondiert das leider nicht mit der Zahlungsbereitschaft: Die (kostenlosen) Online-Angeboten der Verlage werden gelesen, viele Radiowellen haben steigende Hörerzahlen, die Mediatheken werden genutzt. Wenn es um die Relevanz und die Kontrollfunktion von Journalismus geht, muss man nur an die Panama-Paper denken. So etwas funktioniert nur mit großen Redaktionen, die diesen enormen Rechercheaufwand leisten können.
Ohne eine stabile Finanzierung wird aber die Qualität der journalistischen Angebote weiter sinken bzw. werden Zeitungen, Wissenschaftsseiten und Sendungen nach und nach verschwinden oder „zombifiziert“. Hier könnte eine Förderung helfen: nicht indem sie sterbende Produkte dauerhaft alimentiert, sondern indem sie 1.) einen Wandel ermöglicht und neuen interessanten Modellen die nötige Anschubfinanzierung gibt und es ihnen so ermöglichst, sich am Markt und etablieren und 2.) Strukturen finanziert, von denen alle Redaktionen profitieren können: Einrichtungen wie das SMC, datenjournalistische Tools, Weiterbildung etc. All das ersetzt nicht den Markt, entlastet aber an vielen Stellen – und hilft dem Wissenschaftsjournalismus so, neue Formen und neue Finanzierungsmodelle zu entwickeln, die wir alle heute noch nicht kennen. Am Ende ist dann die Akzeptanz beim Leser, Hörer, Zuschauer – am Markt also – entscheidend dafür, welche Entwicklungen weiterleben werden. Im besten Fall hängt das entscheidend von der Qualität der Produkte ab, also auch von dem Aufwand, den die KollegInnen z.B. bei der Recherche treiben können.
Josef König schreibt:
2. März 2019 um 12:54 Uhr
Einverstanden! Ich sehe und höre aber, dass insbesondere die jüngeren Generationen zunehmend die traditionellen Medien meiden und tendenziell sich über die sozialen Medien informieren, sowie dass die Aufmerksamkeitsspannen deutlich sinken. Das erfordert andere Formen der Informationsverbreitung, die aus meiner Sicht noch zu wenig kommerziell exploriert worden sind. Man mag es bedauern, aber bestimmte traditionelle Medien werden vom Markt verschwinden – so wie die Steinkohle …
Gernot Kramper schreibt:
2. März 2019 um 04:06 Uhr
Exakt – Mein Sohn – studiert über 25 Jahre – hatte einen Jahr nach Umzug noch nicht einmal den Sendersuchlauf seines TVs laufen lassen. Er guckt überhaupt keinen der üblichen Sender und natürlich auch keine Nachrichten. Nur Netflix, Amazon und berufsbezogen und Special Interest, was Spass macht.
Der lebt komplett „Journalisten frei“
Und in seinem Milieu – mehr BWL als NGO Aktivisten – ist das ziemlich normal.
Claudia Ruby schreibt:
2. März 2019 um 04:43 Uhr
Auch keine Zeitungen? Online-Auftritt von Zeitungen? Kein Radio? Falls das so ist, würde mich interessieren, ob und wie sich ihr Sohn darüber informiert, was in der Welt geschieht: Politik, Wirtschaft, Wissenschaft – oder ist das ebenfalls alles irrelevant, da weder special interest noch Spaß?
Gernot Kramper schreibt:
3. März 2019 um 04:44 Uhr
„Nichts“ ist wohl eher als Tendenz wichtig und nicht im Sinne eines Messerergebnis. Irgendwie erreichen einenn dich wichtigsten News ja doch
Aber im Prinzip ja: Macron-Gelbwesten. PIS in Polen. Oder Spratly Inseln. Steht nicht auf seiner Agenda
Josef König schreibt:
3. März 2019 um 05:02 Uhr
Nun, Journalisten und viele andere Menschen, die in Medien und Kommunikation arbeiten (mich einschl.), sind Nachrichten-Junkies, und daher wundern sie sich, dass die meisten Bürger und insbesondre die jüngere Generation nicht dazu gehören. Ist es für die „berühmte Frau oder den nicht minder berühmten Mann auf der Straße“ wirklich für sein Leben relevant zu erfahren, dass Trump und Kim eine Show in Vietnam aufführen oder irgend ein Afrkanisvcer Diktator mal wieder einige Millionen in die Schweiz transferiert hat? Verändert das ihr/sein Leben?
Gernot Kramper schreibt:
3. März 2019 um 05:55 Uhr
@König
Ich folge auf FB einer Gruppe Verwandter, die beruflich nichts mit Uni und News zu tun haben. Das ist sehr heilsam, da sieht man schnell, wie wenig aus der Medienblase in das Leben dieser Leute dringt. Was „uns“ als so wichtig erscheint, hat da keinen Widerhall. Auch wenn sie natürlich wissen, dass Trump Präsident ist
Bernd schreibt:
7. März 2019 um 06:17 Uhr
Wenn ma die Zeitung liest weis man nur was in der Zeitungsteht, aber nicht was in der Welt geschieht,
oder Politiker und die Hochfinanz gerade aushecken um uns noch ein bisschen zu schröpfen.
Die Presse wird einen teufel tun soche themen komplett aufzuarbeiten , auch wenn sie dann gekauft wird, weil das die „Demokratie“ gefährdet.
Die letzte Tageszeitung habe ich vor etwa 35 jahren gekauft,mir ist alles zu viel Brot und Spiele und zu wenig hintergründige Information .
Hauptsache Schlagzeilen
hier dort FlüchtlinegGE etc .alles nur umVdie Industrie am laufen zu hlaten Völker sterben und Verhungern zum Wohl der Hochfinanz. wer traut sich das so zu veröffentlichen ?
Gernot Kramper schreibt:
2. März 2019 um 03:55 Uhr
I
There is no such thing as a free meal – wer nach Subventionen ruft, sollte auch klar sagen, welchen Preis er dafür zu zahlen bereit wäre. Nach Lage der Dinge, wäre das in Deutschland eine Analogie zum GEZ Modell – also öffentliche Kontrolle, die realiter Parteienherrschaft hieße. Es ist ganz unrealistisch zu glauben, dass Medienunternehmer einfach Cash bekommen und damit nach Gutdünken umgehen können.
II
Den Printmedien brechen nicht nur die Werbeeinnahmen mit, sondern auch die echten Leser (die wirren Fantasiezahlen von Agof und Co sollen das verschleiern). Doch Subventionen setzten Relevanz also Leser vorraus.
III
Nur ein kleiner Teil der Medien ist im eigentlichen Sinn politisch-gesellschaftlich wichtig. Selbst bei den Tageszeitungen wäre das der Politik, der Lokal und mit Einschränkungen der Wirtschaftsteil. Ein Promi- oder eine Modemagazin wäre das nicht. Auch keine Kochzeitschrift oder ein Reiseblatt – da dort jedoch ein Gutteil der Kollegen arbeitet, würde dieses Rezept kaum die Branche retten. Denn dass irgendein Professor für die Privaten das macht, was für die Öffis gemacht wurde, glaube ich nicht. Da wurde schlicht der letzten Unterhaltungskram ala die Helene Show zu subventionswürdigen Kulturleistung erklärt
Claudia Ruby schreibt:
2. März 2019 um 04:49 Uhr
Wir diskutieren ja hier im Online-Magazin der Wissenschaftsjournalisten – deshalb würde ich dieses Ressort bei ihrer Liste gerne ergänzen. Egal, ob es um die Energiewende, um KI, Gentechnik, moderne Medizin oder Datenschutz geht – bei vielen gesellschaftlichen und politischen Fragen spielen Themen aus der Wissenschaft eine immer größere Rolle. Wer sich darüber informieren und mitdiskutieren will, braucht unabhängigen und kompetenten Wissenschaftsjournalismus. Oder er bzw. sie hat sehr viel Zeit Originalveröffentlichungen und interessengeleitete Informationen von verschiedensten Seiten zu lesen, auszuwerten und sich so eine Meinung zu bilden.
Gernot Kramper schreibt:
3. März 2019 um 04:41 Uhr
@Ruby
Da haben Sie natürlich recht. Meine Liste ist auch nicht vollständig und sicher gibt es auch Abgrenzungszonen. Mein Punkt läuft darauf hinaus, dass ein guter Teil der Kollegen reine Unterhaltung oder Service produziert.
Martin Schneider schreibt:
4. März 2019 um 11:23 Uhr
Das mit dem „free meal“ galt halt auch für das bisherige Geschäftsmodell der Verlage. Klar, ganz spontan will man dem uralten „Wes Brot ich ess“ zustimmen. Aber wenn man mal genauer hinauschaut, gibt es durchaus Modelle, wo eine durchdachte Governance-Struktur sicherstellt, dass Geldgeber eben nicht direkt in Inhalte reinregieren können. Die DFG ist zB so ein Beispiel: Die bekommt Geld vom Staat, die Verteilung wird ganz in die Hände der Wissenschaft gelegt. Auch die Kulturförderung funktioniert ähnlich. Nur weil ein Staatstheater Geld vom Land (oder der Stadt) bekommt, spielt es ja nicht nur willfährige Stücke…
Im Übrigen hat sich Qualitätsjournalismus noch nie aus sich selbst heraus finanziert, war immer von externem (meist Anzeigen-)Geld abhängig (das hat zB Franco Zotta hier in einem anderen Artikel schon mal ausgeführt (https://www.meta-magazin.org/2018/06/15/keine-grabrede-oder-ueber-die-krise-des-journalismus-und-warum-wir-auswege-suchen-muessen/).
Josef König schreibt:
4. März 2019 um 01:51 Uhr
Beim DFG-Modell sollte man sich vor Augen halten, dass nur Mitglieder von MItgliedsinstitutionen der DFG Anträge stellen dürfen und diese müssen einer strengen Überprüfung durch die DFG und ihrer zahlreichen Gutachter standhalten, ob mit ihnen Neues erforscht wird! Die Bewilligungsquote liegt derzeit deutlich unter 30 Prozent. Ich sehe nicht, inwiefern also das Modell DFG für den Journalismus, und sei es nur für den Wissenschaftsjournalismus funktionieren soll. Das ist erklärungsbedürftig, sofern es nicht nur als Schlagwort herhält, um vom Staat Geld zu bekommen.
Im übrigen: Ich bin derzeit in Brasiien und in meiner familiären Bindung hier sind Journalisten und Medienschaffende. Allein mein Hinweis, solche Gedanken würden in Deutschland gedacht, erweckt in ihnen, der Staat könnte sie beformunden und sie weisen solchen Modelle weit von sich zurück, auch wenn sie manchmal nicht wissen, woher sie das Morgen bezahlen sollen!
Franco Zotta schreibt:
4. März 2019 um 09:46 Uhr
@Gernot Kramper: Sie treffen einen wichtigen Punkt: Wenn man Qualitätsjournalismus verteidigt, ist man mit dem Problem konfrontiert, dass sich vieles Journalismus nennt, was damit nichts zu tun hat. Das liegt u.a. daran, dass Journalismus eine nicht geschützte Berufsbezeichnung ist, mit allen Vor- und Nachteilen. Natürlich hat der Journalismus auch unabhängig von seinen Geschäftsmodellproblemen weitere Probleme, auch solche der Qualität. Welcher Berufsstand hat das nicht? Und die Verleger haben im Rückblick vermutlich kaum einen Fehler ausgelassen, um der Herausforderung der Digitalisierung klug zu begegnen. Nur: Was folgt daraus? Meine Antwort lautet: helfen, dass es auf allen Ebenen besser wird, weil Qualitätsjournalismus in einer Demokratie unverzichtbar ist.
Man mag das letztlich für larmoyantes Gejammere halten, doch so lange jene, die diesen Vorwurf äußern, keine besseren Vorschläge machen, entbehrt derartige Kritik jeder Substanz. Wer aufmerksam liest, der entdeckt in meinem Text auch keine Verteuflung des Marktes. Ich erlaube mir nur den Gedanken, das Schicksal des Journalismus nicht allein von der Frage abhängig zu machen, ob der Markt ihn rettet. Der Text plädiert für Strukturanpassungshilfen, nicht für eine Entkopplung des Journalismus vom Markt. Es würde der Debatte über die Zukunft des Journalismus sehr helfen, wenn wir aufhören würden, seine momentane Lage zu verklären, Illusionen über Geschäftsmodelle zu verbreiten oder uns in Geiselhaft von Medienunternehmern nehmen zu lassen, die den Heldentod sterben möchten.
Nehmen wir doch stattdessen einfach mal nur einen Augenblick an, es stimmt, was kundige Leute über die desaströse Lage des Journalismus zusammentragen. So wie hier wieder geschehen: https://niemanreports.org/articles/journalism-under-pressure/ Wollen wir, dass das so weiter geht, dass Qualitätsjournalismus seinen zentralen Aufgaben in der Demokratie immer weniger nachkommen kann? Man mag es, wie Markus Brauck bei SPON, für Demokratiepathos halten, wenn man diese Frage verneint und deshalb Hilfe für den Journalismus einklagt: http://www.spiegel.de/plus/das-zeitungssterben-bedroht-die-demokratie-kommentar-a-f62588bc-77d2-493b-ac8d-bc67e1da7d5a Ich weiß nur nicht so recht, worin der Vorwurf besteht, wenn man mit Pathos für eine funktionsfähige Demokratie streitet. Die ist nämlich ohne Qualitätsjournalismus nicht zu haben.
Christian Hasselbring schreibt:
10. März 2019 um 11:31 Uhr
Vorab gleich eine Entschuldigung, denn das wird ein längerer Kommentar: Sorry, für den langen Kommentar!
Ich arbeite seit 22 Jahren in digitalen Medien (Heinrich Bauer, VG Milchstraße / Tomorrow Internet, Tomorrow Focus / Burda, AOL, Welt / Berliner Morgenpost, FVW, stern). Seit 6 Jahren arbeite ich freiberuflich u.a. mit LaterPay und im engen Kontakt mit Steady und anderen, die Bezahlen für Inhalte auf zeitgemäße Weise umsetzen wollen. Nein, dies ist kein Werbekommentar für Bezahlplattformen; ich beschäftige mich nur schon recht lange und intensiv mit diesem Thema, weil ich es für sinnvoll halte.
Als Quer-Ein- und -Aussteiger hatte ich immer einen etwas anderen Blick auf die Themen, die Journalisten und Flanellmännchen (ich bin selbst eins) in den letzten 20 Jahren so diskutiert haben. Und habe mich immer gewundert, mit welcher stoischen Arroganz viele Journalisten das Digitale erst wegschreiben, dann nicht wahrhaben und dann nicht als ihren Einflussraum annehmen wollten. Genauso auf der Verlagsseite. Aber das ist mittlerweile unwichtig, denn nun ist der Druck so groß und werden die Mittel so knapp, dass für ein Umsteuern weder Zeit noch Geld mehr zu genügen scheinen.
Selbst wenn der DuMont-Verkauf vielleicht eher auf die kurzfristigen Gewinnerzielungsabsichten der Anteilseigner zurückzuführen wäre, geht es doch vielen Verlagen und damit dem Journalismus sehr schlecht. Da helfen auch leuchtende Erfolgstürme wie die massiven Digitalabozugewinne der NYT nicht und auch nicht die stabile ZEIT oder die steigenden Digitalumsätze bei SZ.de, FAZ.net und SPON. Die paar „Qualitätsleuchttürme“ werden schon aufgrund ihres Anspruchs, der damit einhergehenden natürlichen Reichweitenbegrenzung und der fehlenden journalistischen Abdeckung im Regionalen / Lokalen nicht alleine die IV. Gewalt darstellen können. Sollten die Gedankenspiele von Funke tatsächlich umgesetzt werden, haben wir bald ein erstes Beispiel für ein Bundesland ohne gedruckte Zeitung, wenn wohl auch weiterhin mit digitaler Versorgung. Da klafft dann also eine Lücke: Ältere Zielgruppen werden nur im geringen Maße, und mit deutlich geringerer Wertschätzung iSv Bedeutung der Inhalte für Meinungsbildung, auf die digitalen Produkte wechseln. Jüngere Zielgruppen haben die Wertschätzung in Teilen (noch) nicht entwickelt. Was angesichts der politischen Gemengelage in Thüringen alles andere als eine schöne Aussicht ist.
Was also tun? Frei denken und alle Möglichkeiten in Betracht ziehen. Vor allem und konsequent die Möglichkeit der Bezahlung für Inhalte. Warum? Weil zuerst die Kleinanzeigen zu Ebay verschwanden, dann die Anzeigenumsätze ins Digitale zu Google und Facebook. Und dennoch tun weiterhin die Verlage so, als gäbe es im Anzeigengeschäft noch Substanzielles zu gewinnen. Das Anzeigengeschäft ist durch die Explosion von Inventar und durch die Effizienzsteigerung im System so margenschwach geworden, dass nur große Angebote hoffen können, davon wenigstens die Kosten für die Online-Redaktionen decken zu können; Teams der Größenordnung einer stern oder DER SPIEGEL-Redaktion sind damit in keinem Fall zu finanzieren.
Die teils bizarre Angst vor einem – bisher in den seltensten Fällen eingetretenen – Reichweitenverlust (von meist eher kosmetisch wirkender Reichweite) und Verärgerung der Vermarkter durch Einführung von Bezahlangeboten (von „Zahlen für Werbefreiheit“ bis zum „all inclusive Membership-Modell“) steht den Verlagen dabei genauso im Weg, wie die Marktmacht von Google.
Ohne Bezahlen für Inhalte geht es nicht; weder wirtschaftlich betrachtet, noch bzgl. der Wertschätzung durch den „User“. Wer nur „used“, misst dem Benutzten wenig Wert bei. Ohne Bezahlen für Inhalte gibt es keine Chance gegen Google & Co. Nochmal: Ich arbeite mit Bezahlunternehmen. Weil ich davon überzeugt bin, dass dies ein Teil der Lösung ist; nicht um hier Werbung zu machen.
Parallel müssen Beteiligungsmodelle erdacht und ggf. gesetzlich erzwungen werden, die einen fairen Anteil an der Wertabschöpfung von Google und FB zurückgeben an die, die u.a. Grundlage dieser Umsätze der großen Plattformen sind. Auch wenn ich Artikel 11 für einen Rohrkrepierer halte (da sachlogisch falsch konstruiert und argumentiert), so ist doch der grundsätzliche Gedanke dahinter richtig: Google und Facebook partizipieren – u.a. aufgrund des massiven Zugewinns an Datenwert pro Userinteraktion auf Basis auch von Verlagsinhalten – überproportional von den Inhalten, in einer marktbeherrschenden Stellung und zu Kosten pro Interaktion, die niemand sonst im Markt erreichen kann.
Diese Dysbalance muss regulatorisch angegangen werden. Dies wird ewig, drei Tage und noch länger dauern. In dieser Zeit, und vielleicht auch ganz grundsätzlich, brauchen wir ggf. gesellschaftliche Umlagen, die den Wert des Journalismus an sich vergüten.
Wenn ein Markt durch den – früher auch von mir bewunderten, heute sehe ich es anders – Übergriff disruptiver Technologien vollständig aus der Balance gerät und damit für andere Teilnehmer zerstört wird, springt der Ruf nach „nur im freien Markt ist der Journalismus frei“ zu kurz. Dass dieser Ausruf vom CEO eines börsennotierten eCommerce-Mischkonzerns, der sich noch ein paar journalistische Feigenblätter gönnt (zumindest solange Frau Springer noch unter den Lebenden weilt), erfolgt, entbehrt dabei nicht eines gewissen Zynismus.
Magister Wigbold schreibt:
11. März 2019 um 03:07 Uhr
Beziehe mich hier nur auf die Idee der gesellschaftlichen Umlage, die ich für genauso falsch halte wie den Altmeierschen Ruf nach europäischen Konzernen.
Vielleicht sollten die Journalisten mal grundsätzlich überlegen, wie die proklamierte IV.Gewalt heute auszugestalten wäre. Dort fangen die Mißstände doch schon an.
– Im Zuge der Globalisierung haben sich völlig neue Fragestellungen ergeben, die über Staatsgrenzen hinausgehen. Die Zusammenhänge sind leider sehr komplex und schwer zu durchdringen. Aber genau deswegen bräuchte es erklärendes, hinterfragendes, konzeptionelles Abarbeiten. In Deutschland gibt’s hier wenig Erhellendes.
– Als die Rechtschreibreform eingeführt worden war, haben gerade die weißen alten Männer (und Frauen?) der großen Verlage den gesellschaftlichen Konsens (DEMOKRATIE!) aufgekündigt, sind zum Altvertrauten zurück und haben sich einen Kram um die Gesellschaft und die Verwirrung bei unseren Kindern gekümmert.
– Wenn Journalisten regelmäßig im Kanzler-/Außenminister-/…flieger sitzen, wie können sie dann die IV. Gewalt glaubhaft verkörpern?
– Wenn Fakten nicht mehr offen, klar und vollständig dargestellt, sondern vorher häufig durch das weltanschauliche Sieb gekippt werden, dann fühlen sich auch Liberale und Demokraten verraten. (passiert natürlich nicht überall, und die Siebe sind auch unterschiedlich perforiert)
Es dürfte ausreichend viele Bezahl-Leser für gute journalistische Arbeit geben. Aber bitte nicht staatsfinanziert und damit per definitionem nicht als IV. Gewalt tauglich.
Franco Zotta schreibt:
12. März 2019 um 10:48 Uhr
@christianhasselbring: Ein tatsächlich langer, aber sehr informativer und aufschlussreicher Kommentar. Die zentrale Frage, die Sie ja auch am Ende aufwerfen, lautet: Unterstützt die Gesellschaft den Transformationsprozess im Journalismus aktiv oder überlassen wir es dem Markt allein? Letzteres halte ich aus genannen Gründen für fahrlässig, ohne die Augen zu verschließen vor viel berechtigter Kritik am real exisierenden Journalismus. Aber man sollte ihn auch nicht schlechter machen als er ist,@magisterwigbold. Vielleicht sollten Sie doch ab und an etwas anderes lesen als New York Times und Economist. Es gibt viele ausgezeichnete Arbeiten von Journalisten zu all den Themen, die Sie anmerken.
Josef König schreibt:
4. März 2019 um 01:57 Uhr
@francozotta – selbst nach der dritten Lesung Deines Beitrags finde ich den Markt mit keinem Wort verteidigt, sehr wohl aber heftig kritisiert. Und dass Kritik Dritter, wie nun meiner, „ohne bessere Gegenvorschläge“ substanzlos sei, zeugt von einem merkwürdigen Verständnis vom Wesen der Kritik.
Substanzlos finde ich eher, Geld her zu rufen, ohne klar und deutlich zu sagen, was mit dem Geld geschehen und wie es von wem verteilt werden soll. Denn auf mehrfache Nachfrage hast Du dazu noch keinen klaren Satz geschrieben – sondern nur die Rettung der Demorkratie immer wieder aufgeführt.
Müller schreibt:
7. März 2019 um 08:18 Uhr
Solange der selbsternannte Qualitätsjournalismus von transatlantischen Netzwerken durchsetzt ist und von ARD, ZDF über Spiegel bis BILD die gleiche Nato-Propaganda macht, muss man sich eigentlich nicht wundern, dass sich immer mehr Leute angewiedert abwenden.
Cashkurs oder KenFM z.B. zeigen, das unabhängiger Journalismus funktioniert und die Leute gerne dafür zahlen, dass sie unzensierte Nachrichten bekommen.
Die Qualitätsjournalisten sollten mal von ihrem hohen Ross herunterkommen. Ihrer Arbeit fehlt schlicht die nötige Qualität.
Thomas schreibt:
7. März 2019 um 10:11 Uhr
„Neutralität, Objektivität und Überparteilichkeit“
Über welchen Journalismus schreiben Sie denn? Der deutsche Journalismus ist weit davon entfernt – einerseits, weil die Redaktionsstuben voller Kommunisten sind, andererseits, weil es für die paar kritischen Geister den Pressekodex gibt.
Daß dieser Sumpf endlich austrocknet oder aber nur – und ganz offiziell – mit Staatsknete am Leben gehalten wird, begrüße ich ausdrücklich. Dann stirbt dieser Hort kommunistischer Indoktrination endlich ab oder es wird offiziell angebunden, was sowieso im Gleichschritt marschiert.
Und sind wir ganz ehrlich: die einzigen, für die sich das monetär gelohnt hat, waren sowieso die Edelfedern. Also, Ihr Helden der Arbeiterklasse, ab in die Fabrik, die schöne neue Welt aufbauen! Da ist sowieso Fachkräftemangel.
C Will schreibt:
8. März 2019 um 08:05 Uhr
@Thomas
Die meisten Journalisten würden ihnen da glaube ich widersprechen.
Aber für sie ist das bestimmt ne Eigenart der „Kommunisten“ gelle
Die wissen ja sowieso nicht wovon sie reden.
Selbsterklärend also …. oder … nein … egal — alles kommunisten!
Thomas schreibt:
8. März 2019 um 10:03 Uhr
Maßgeblich ist nicht, ob die meisten Journalisten sich selbst für Kommunisten halten, sondern, ob sie Positionen vertreten, die kommunistisch sind. Als da wären:
* Feminismus
* Doktrin der Schuld des Kapitalismus
* Doktrin der Überwindung des Kapitalismus als notwendiger Entwicklungsschritt
* Doktrin der Nichtevolution beim Menschen
* Festhalten am Konstrukt der absoluten Gleichwertigkeit sexueller Orientierungen und Störungen
* Doktrin der Schuld der westlichen Zivilisationen
* Doktrin vom „edlen Wilden“
* Doktrin des Bösen Rechten
* Doktrin des Guten Linken
Dazu gibt es regalmeterweise Literatur seit Marx und Engels, wobei die kulturmarxistische Komponente erst nach dem WK2 sichtbar wurde und heute insofern dominiert, als daß die marxschen gegenteiligen Positionen revidiert wurden.
Aber die Diskussion ist akademisch. Wie ich schon schrieb freue ich mich, daß die Indoktrinationsindustrie jetzt entweder den Weg alles Irdischen geht oder zu wirklichen Schreibhuren verkommt. Das dürfte dem einen oder anderen neue Perspektiven und Einsichten eröffnen.
Sehr sehr lustig finde ich, daß einige der Kommentatoren „Qualitätsjournalismus“ schreiben und offenbar noch nicht wissen, daß dies zunächst nur milieuspezifisch, aber zunehmend generell als beißender Zynismus empfunden wird – so wie die „Qualitätsmenschen“, die kommen und „wertvoller sind als Gold“.
Strampelt Euch nur richtig ab in der Euphemismus-Tretmühle. Ihr müßt nur schneller treten, dann schafft ihr das, versprochen! Und wer weiß, wenn mir zuwenig Dynamik in der Entwicklung ist, vielleicht mache ich ja auch eine Website, die die Elaborate der Claas-Relotius-Wahrheits-und-Qualitätsmedien und den zugrundeliegenden Qualitätsjournalismus würdigt. Aber brauche ich nach jetzigem Stand nicht, die Journis haben große Schaufeln und schaufeln im Akkord. Einfach großartig. Und die dazu geklopften Sprüche – wie im Kabarett.
Manfred Brandl schreibt:
7. März 2019 um 11:41 Uhr
Der Journalismus wird nicht sterben. Nur die Art und Weise des Konsums von Nachrichten, Meldungen etc. hat sich bereits gewandelt. Jetzt, weil das Kind in den Brunnen gefallen ist, kommt der Aufschrei der selbstgefälligen Verlegergilde. Ignoranz, fehlende Visionen und vor allem die Einstellung „wir sind die Größten, Schönsten und Allwissenden“ führen nun zu dem Dilemma der Verlagsbranche. Die Möglichkeit, dass sich das Kundenverhalten ändern kann wurde ausgeklammert. So wie die Autobranche mit ihrem Dieselskandal plötzlich vor einem Scherbenhaufen, verursacht durch Selbstbetrug und Betrug am Kunden, steht, so stehen die Zeitungsverleger ratlos vor ihrer eigenen Dummheit. Macht euch keine Sorgen, die Justiz wirds richten. Urteile, die das Herausgeben von neuen Zeitschriften (z.B. Anzeigenblätter) verbieten, damit ein Platzhirsch keine Konkurrenz bekommt, gibt es bereits. Wir können darauf warten, bis die abhängig unabhängige Justiz den Markt durch ähnliche Urteile regulieren wird. Die Zensur durch die Hintertür wird bereits vom Europäischen Parlament vorbereitet.
C Will schreibt:
8. März 2019 um 08:09 Uhr
Also bis zu der Sache mit der Justiz war das egtl ne recht annehmbare Perspektive.
Aber die Nummer mit der Zensur und der markthörigen Justiz ist dann doch etwas schwach in der Begründung.
Es ist doch offensichtlich das sich die katze in den eigenen Schwanz beißt, und dabei noch von nem Tsunami getroffen wird.
Es gibt bestimmt falsche Entscheidungen bei Justiz und auch selbige Phänomene in der Politik, aber für das zeitungssterben sind auch noch ganz andere dinge verantwortlich als auch für die fehlende Gesundheit des Journalismus. Die sie auch in ihrem ersten Abschnitt ansatzweise darstellen.
Magister Wigbold schreibt:
7. März 2019 um 12:55 Uhr
Bin kein Journalist, bin Leser. Bin bereit, für gut aufgearbeitete Informationen zu bezahlen. Abos habe ich vom Economist (seit 25 Jahren) und von der NYTimes. Ansonsten nix gefunden, was mir passt.
Grundproblem aus meiner Sicht ist in der Tat die fehlende Qualität. Es fehlt an
– Experten, die schreiben können (statt Schreibern, die sich einarbeiten können)
– sauberem Abwägen von Pro- und Kontra-Argumenten
– vielleicht auch an Zeit, Informationen gründlich zu recherchieren (daher ggfs. nur Wochenzeitungen sinnvoll)
– Fantasie, vom gedruckten Medium wegzukommen (Podcasts/Radio sind vielleicht der bessere Weg, Interessierte zu informieren)
– ehrlicher Faktendarstellung (25% sind mal „ein großer Teil“, mal „eine deutliche Minderheit“; es würde schon reichen, wenn immer die gesamten 100% genannt werden, dann kann ICH mir mein Urteil bilden)
– weniger reißerischen Überschriften (für mich sind das häufig „Fake-headlines“, weil sie einen Eindruck suggerieren, der durch die Faktenlage nicht gedeckt ist)
– häufiger an ausreichend Abstand zum beschriebenen Objekt/ Sachverhalt/ … (zB Berliner Politik, welch ein Gedöns um Kleinigkeiten – wobei das Recherchenetzwerks zu den Big Four gut gearbeitet hat)
In Summe scheint mir – für meine Zielgruppe – die handwerkliche Qualität schlicht nicht ausreichend. Und es fehlt das strategische Nachdenken über den Umgang mit den sich entwickelnden Medien. Andere Branchen mussten und müssen da auch durch. Ist mühsam und tut weh und geht nicht immer gut aus. ABER NACHFRAGE IST DA – sie muss allerdings richtig erkannt und befriedigt werden.
(Economist hat steigende Abo-Zahlen, wenn ich richtig informiert bin.)
Simon A schreibt:
7. März 2019 um 10:47 Uhr
die meisten journalisten sind einfach scheiße die irgendeinen müll nachplappern und nichts wirklich recherchieren
Josef König schreibt:
8. März 2019 um 02:25 Uhr
@Simon et al, solche „Kommentare“ laden geradezu dazu ein, Kommentare zu moderieren, nicht zuletzt wegen Mangel des Anstands im Gebrauch der Sprache und im Umgang miteinander!
C Will schreibt:
8. März 2019 um 08:50 Uhr
Das Hauptproblem ist, dass durch das Internet, das gesamte klassische Tageszeitungsgeschäft einbricht.
Wie der Artikel deutlich macht, wissen wir das auch schon seit langem.
Ich würde nicht unbedingt sagen, das die Journalisten sich weigern das zu sehen oder zu besprechen. ich denke, das ist sehr wohl ein Thema in den Redaktionen und Chefetagen.
Es gibt ja auch dauernd neue Formate die aus dem Boden … äh Internet sprießen.
Die Informationen haben ja dafür gesorgt, das es immer mehr Zeitungen begibt. Aber durch das Internet bricht das jetzt wieder ein. Und die Angebote im Internet haben erbitterte Konkurrenz. Da einige Leute lieber schlechten Populisten und Blogger lesen, als klassischen Journalismus.
Was sowohl gut als auch schlecht ist. Aber nicht viel Mehrwert generiert, geschweige denn hoch investigativen oder vielfältigen Journalismus.
Die Qualität der Journalisten war schon immer relevant, besonders heutzutage ist dies ein thema. Denn es gibt auf der einen seite unheimlich viele informationen die man reproduzieren kann und andererseits die frage nach der komplexen interpretation des ganzen.
Das führt zu unmengen an möglichkeiten als auch zu jeder menge überforderung.
Wie man aber sieht, sind die leute ja auch nicht sehr recherche mäßig drauf.
Dh die meisten sind zufrieden mit der zeitung die an der tanke ausliegt oder am kiosk.
Die anderen klicken sich wie wild durchs internet, was schon mehr recherchegelüste erzeugt ,als auch ein bewusstsein für die thematik medien.
Das klassiche modell ist also sehr an die sogenannten knotenpunkte angewiesen, also feste abos von meist unprivaten abonenten, die dann die zeitung mehreren zugänglich macht und einigen interessierten lokalen. Bei den privaten gibt es unheimlich viel potential was magazine angeht, also so ne neue mischform aus zeitung und magazin.
Siehe: SENSOR Wiesbaden/Mainz
Und andererseits brauchen wir ein neues model für bezahlten online-journalismus.
Das abomodel hat hier ausgedient, da die leute meistens cross lesen.
Es bräuchte also schon mal ne abrechung pro artikel.
Das würde auch die journalistische qualität belohnen!
Die Form und Qualität ist immer maßgebend. Aber wenn die produktion teurer ist als die grundlegende nachfrage, dann haben wir auch ein grundlegendes problem, was man auch nicht leicht mit anderen modellen lösen kann, sondern nur mit qualität und relevanz. Und ja, eine gewisse form von Populismus ist da leider wohl auch von nöten. Populismus ist ja ansich nicht schlecht, erst wenn er äußerungen von sich gibt, die unwahrheiten implizieren, ansonsten ist es ein probates mittel um notwendige infos an den zeitgeistigen mann zu bringen, aber ohne eben absolutistisch oder unwahr zu sein. Die unvollständigkeit ist ja nicht negativ, solange man sich ihrer bewusst ist. Sie kann sogar sehr zum diskurs beitragen!
Aber da wi8r auch einen informatzionsgebot und aufklärungsgebot haben, ist es auch sehr wichtig über subventionierte Informationsquellen zu sprechen.
Der Staat/das Volk finanziert ja schon unabhängigen Journalismus – per GEZ.
Das Problem da ist natürlich, das nicht nur Journalismus damit subventioniert wird. Es gäbe da also ein erhebliches Potential die sache zu reformieren und regionale Journalistische Angebote zu etablieren, die weit über das Angebot von ARD, ZDF, DF, DW und den dritten hinausgeht.
Hier muss man die Verantowrtlichen stark kritisieren, das dies nicht schon längst geschehen ist.
Denn genau diese Trägheit ist daran schuld, das die Leute jetzt AfD wählen und überall verquere Gleichschaltung wittern und sonstige paranoide Angstideologien entwickeln!!!
Es fehlt also an qualitativen lokalen und regionalen Angeboten!
Aber die nötige Information an die entsprechenden stellen zu leiten ist noch kein neues weitreichendes pressemodel.
In der Tat muss man sich fragen, wie ich informationen darstelle und in welchem kontext ich dies tu. Also die frage danach, inwiefern man das Objekt Zeitung attraktiver machen kann!?
Und da fällt mir wieder nur die neue Form des magazins ein.
Denn dadurch ist es möglich, sehr viel vielfalt mit gleichzeitiger tiefe entstehen zu lassen – einen kontinuierlichen und medialeren dialog, der ja oft in tageszeitungen fehlt.
Man könnte die funktionen von Lokalblättern und weltzeitungen auch wunderbar vermischen. Man kann sehr persönlivh werden und man kann sehr zivilgesellschaftlich und politisch agieren.
Ich empfehle also allen mal bei der SENSOR redaktion reinzuschauen!
http://www.sensor-magazin.de
Anstatt fachblogger zu haben oder diskontinuierliche „tageszeitungen“ oder unpersönliche fachblätter, müssen wir die dinge persönlicher, kontinuierlicher und vor allem aktiver und engageirter gestalten.
Denn was gut ist, wird die leute auch überzeugen und motivieren.
Die Fachblätter und blogger brauchen wir natürlich immer noch!
Franco Zotta schreibt:
8. März 2019 um 08:54 Uhr
Gute Wissenschaft und Qualitätsjournalismus sind unverzichtbare Bestandteile einer vitalen Demokratie, die vom öffentlichen Gebrauch der Vernunft lebt. Wer diese Systeme schwächt oder zulässt, dass sie schwächer werden, der stärkt am Ende jene Kräfte, die Parteigänger des Irrationalen sind, allenthalben Verschwörungsszenarien wittern und nicht mehr Argumenten folgen, sondern Ressentiments. Einige Kommentare unter diesem Text zeugen davon. Die Grundthese des Artikels ist, dass die Zukunft der Demokratie auch davon abhängt, ob es gelingt, den medialen Transformationsprozess zu gestalten. Wenn das nicht gelingt, werden wir uns künftig nicht mehr nur über unpassende Kommentare wundern müssen. Wir können, wir müssen darüber streiten, wie Journalismus künftig besser werden kann als er zuweilen jetzt ist, da stimme ich @MagisterWigbold zu. Aber um diese Debatte überhaupt sinnvoll führen zu können, müssen wir auch für das Biotop sorgen, in dem dieser Journalismus wurzeln kann. Von allein entsteht dieses Biotop mE nicht.
Magister Wigbold schreibt:
10. März 2019 um 02:32 Uhr
Vielleicht fehlt es im Bereich des Journalismus schlicht an Machern. Mißstände festzustellen ist das Eine, sie aktiv anzugehen, das Andere.
– Da fällt mir sofort der Fall Relotius ein. Noch während der Suche nach der Besetzung der unabhängigen Aufarbeitungskommission hat die Chefredaktion in ersten F&A-Listen verneint, dass der Fall u.a. aufgrund des Weltbildes möglich wurde. Wie kann man diese Antwort schon VOR der Aufarbeitung geben? Und wie hart wäre man mit einem ähnlich unprofessionellen Umgang bei zB VW (Hartz/Winterkorn)ins Gericht gegangen! Machen und Schreiben sind halt andere Welten.
– Eigentlich haben Sie doch die ideale Umgebung für Ihr Biotop. Ich bin in der DDR groß geworden, habe nach Militärdienst und 3 Jahren Studium in Leipzig, 1990 in Köln ein neues Studium angefangen, es bis zum eigenen Unternehmen geschafft. Was wünschen Sie sich denn noch für eine Umgebung? Sie haben alle Freiheiten.
– Inwieweit der Journalismus sein altes Verständnis als Säule der Demokratie in den letzten Jahren gelebt hat, müssen Sie selbst beantworten. Die großen Fragen des Systems – fundamentale Änderungen der Sozialversicherungssysteme, Verteidigung, Steuergesetze usw. sind von niemandem angefasst worden. Es braucht nicht Anekdoten über arme Rentner, reiche Erben und all so’n Zeug, sondern das Aufzeigen eines GESAMTKONZEPTS für die Gesellschaft, um die Demokratie zu stärken. Z.B. sowas wie den Green New Deal in den USA. Bei uns – Totalversagen von Politik und Journalisten. Stattdessen jede Menge Personalia aus Berlin (was früher vermutlich nötig war [Strauß & Co.] aber heute nicht mehr den Kern unserer Probleme darstellt). Viele Industrien mussten sich der Globalisierung stellen, warum nicht auch der Journalismus.
– Schauen Sie heute in die NYT („The U.S. blamed Maduro for burning aid to venezuela. New video casts doubt.“) Das ist großartiger Journalismus. Und auch wenn die NYT (ich übrigens auch) dringend für Maduros Absetzung sein dürfte, wird die Wahrheit über das politische Weltbild gestellt. Großartig. Und genau das fehlt in D. Hat irgend jemand mal gesagt/geschrieben, dass Trump zwar furchtbar ist, aber die von ihm aufgeworfenen Fragen durchaus diskussionswürdig sind? IP-Diebstahl durch China, Handelsungleichgewicht (auch mit der EU), Verteidigungsanstrengungen der NATO-Staaten, Nordkorea. Seine Antworten sind meistens schwierig, aber die Diskussion ist nötig und richtig.
– Im Übrigen scheint die Demokrtie der USA selbst einen Trump auszuhalten (leider im Gegensatz zum Vereinigten Königreich hinsichtlich der Profilierungsarien einzelner Tories). Liegt vielleicht an den Menschen: „America was a society that “goes along by itself”, as Tocqueville put it [around 1850], not just because it dispersed power but because it produced self-confident, energetic citizens, capable of organising themselves rather than looking to the government to solve their problems.“
– Also, suchen Sie sich Mitstreiter, analysieren schonungslos die Situation, schauen auf die Nachfrage und entscheiden, ob das wirtschaftlich funktionieren kann. Ideen wären
a) Reichweite durch Internationalität erhöhen (oder gleich in Englisch arbeiten, die Lokalseite der Zeitung funktioniert ja auch nicht mehr),
b) Themen suchen, die nicht kurz-, sondern mittel-/langfristig relevant sind (Wochen-/Monatszeitungen)
c) weg vom gedruckten Wort zu anderen Formen der Informationsvermittlung
d) Finanzierungsquellen außerhalb des Abomodells prüfen (liberaler Mäzen)
usw.
Und vielleicht ist der Schluss, dass es keine Zukunft für ein deutschsprachiges Medium gibt. Dann ist das so und es heißt warten, bis der Bedarf wieder entsteht (die NYT hat nach Trumps Wahlsieg zum Höhenflug angesetzt). Und ob dann die Demokratie zugrunde geht, weiß ich nicht. Zumindest hat der Journalismus in den letzten zehn bis zwanzig Jahren (gefühlt) die EU klein- statt großgeschrieben und das Entscheiden nach Emotionen statt nach Fakten verstärkt. Das ist eher demokratiekontraproduktiv.
Josef König schreibt:
8. März 2019 um 04:59 Uhr
https://netzpolitik.org/2019/der-kommerzielle-journalismus-steckt-in-der-krise-so-koennten-auswege-aussehen/
r.wahn@yahoo.com schreibt:
10. März 2019 um 10:29 Uhr
Herr König, vielen Dank für Ihre ehrlichen Worte. Sie haben es mit dem Post am 3. März 2019 um 05:02 Uhr sehr gut auf den Punkt gebracht.
Michael Springer schreibt:
16. März 2019 um 04:36 Uhr
Ich habe mich durch „meta“ hindurchgelesen und rege eine „geistige Aufräum-Aktion“ an, die Grundsätze und Herausforderungen bedenkz und Sprache danach ausrichtet:
1. Journalismus konstituiert Demokratie (deshalb unverzichtbar)
2. Journalismus kostet immer mehr Zeit, Aufwand & Geld und erzeugt in der Regel kein individuell produzierbaren „Güter“ die mit Gewinn verkäuflich sind. Journalismus ist deshalb in der Regel an arbeitsteilige Verlagsorganisation & Redakton gebunden und hat eine „burn-rate“.
3. Arbeitsteilige Verlagsorganisationen mit Zeitungen als Produkt komplexer Arbeitsteilungen und Kosten- und Wertschöpfungsketten lassen sich nur mit Summen-Erträgen aus „earn-rate-Prozessen“ am Leben erhalten.
4. Die Digitalisierung & Mediatisierung schafft Bedingungen für den freien mündigen selbstkuratierenden Citzen und für den unabwendbaren Trend zur deliberativen Demokratie.
Dies bringt das bisherige Verlags- und Mediensystem in Umbruchkrisen, die nur „regulierungspolitisch plus Innovation „von Unten“ zu lösen sind.
5. Es geht um das Überleben und die Fortentwicklung der Demokratien weltweit. Es muss eine strategische Initiative in Richtung auf „Society 5.0″ in Gang gesetzt werden, die eine gemeinsame“ IT- und Medienreguierung und Transaktionsökonomie“ (= D!ginomy in Japan) mit allen demokratisch regierten Staaten (Asean, EU, Indien, exCommonwealth, EU und Pakistan (als islamische Demokratie) entwirft und abstimmt.
Alle sind vom GAFA-TAB-Zero-Szenario bedroht (Google-Apple-Facebook-Amazon – Tencent-Alibaba-Baidu – take it all und ZERO for the Rest).
Auch lokale Ökonomien und ganze Volkswirtschaften sind bedroht.
Das Ausweg-Szenario Society 5.0
„Inklusive-soziale und digitale Synergie-Gesellschaft, die Freiheit, soziale Marktwirtschaften, Subskriptionsökonomien*, Skalierungs-, Dominanz- und Monopolregeln mit Arbeitsteilungen, Zusammenleben und Ökonomie und Transaktionsökonomien neu gestaltet.
Journalisten und Digitale Medien haben eine Schlüsselfunktion, um intelligente und soziale Städte zu gestalten und den Citizens und Institutionen auf Reformkurs zu bringen.
Als ich am 31.5.2012 ein digitale Lokalzeitung mit dem Sight/WPSHOWE Template begonnen habe, das auch „meta“ nutzt, begann eine Expedition, die wirksame Ansätze für einen zivilisatorischen „Innovationsaufstieg“ im Medienbereich hervorbringt und Journalismus betriebswirtschaftlich absichert.
Das „Engineering“ neigt sich nun der Phase der Open Innovation und interkulturellen Kollaboration zu. Ab 1.5.2019 gibt es eine Open-Innovation-Plattform für Zeitungen in Citizenship in Berlin.
Ich lade herzlich ein!
Der nächste „Arrogant Bastard Club of Disruptive & Syntegrative Thinkers“ zur Zukunft der Demokratien & Society 5.0 tagt am 2.4.2019. akkreditierung@anzeigio.de
Josef König schreibt:
17. März 2019 um 12:50 Uhr
Gegen Arroganz ist nichts einzuwenden, wohl gegen eindeutige Fehler! Der erste und gravierendste taucht in Satz 1) auf: Nicht der Journalismus konstituiert Demokratie, sondern die Gesellschaft der freien und gleichen Bürger und ggf ihre gewählten Vertreter.
Michael Springer schreibt:
17. März 2019 um 09:02 Uhr
Danke! Das ist sehr ein guter Hinweis, um „arrogant“ und grundsätzlich weiter zu denken! „Arrogant“ ist nicht persönlich zu sehen, sondern immer in Bezug auf „eingetretene Ideen & Verhältnisse“.
Wir müssen vermutlich sogar bis Aristoteles und zu den Wurzeln unserer europäisch geprägten Kultur zurückgehen.
Der Grundgedanke „Zeitungen in Citizenship“ ist in jedem Fall das Modell, welches freien und gleichen Bürgern in der digital-arbeitsteiligen Zivilisaation die Demokratie und auch das wirtschaftliche freie Leben und kreative Entfaltung sichern soll – mit gewählten und berufenen Medienbeiräten!
In 2 Jahren auch mit 5G-bidirektionaler Echtzeit-Kommunikation-Rundfunklizenz!
Allerdings hat die unsere Kultur & Wirtschaftsverfassung auch Irrungen und Wirrungen, die bis in die Grundkonzeption der Initiative Kreativ- und Kulturwirtschaft unter Minister Brüderle oder etwa in die Agenda 2010 zurück gehen, bei dem im Entwurfspapier des Bundeskanzleramtes Ursache und Wirkung verwechselt wurde.
Auch haben wir uns als Bürger und Journalisten angewöhnt, von Umweltprämien zu sprechen, obwohl es „Planeten-Zerstörungs-Investitionen“ sind.
Arrogant auch gegenüber dem Verlegerprinzip, das ebenfalls revolutioniert werden muss. Arrogant auch gegen die eigene Person, die einen schicksalhaften Namen trägt!
Ich denke über Konzerne hinaus, und habe die Hoffnung, dass Journalisten und Citizens ihre Städte zu „sozialen Plattformökonmien“ machen! Bei denen nicht alle Akteure mit hunderten Checkboxen technikarrogante AGB´s abhaken müssen, um sich das Leben zu erwirtschaften.
Alles muss kommunal verhandelbar werden – in SmartCities & connected SmartRegions.
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