Ein Wochenrückblick des Science Media Center, über welche Forschungsergebnisse viele Wissenschaftsjournalisten zeitnah berichten:

Klimawandel könnte Bier knapper und deutlich teurer machen (Nature Plants)

In Extremjahren mit Dürre und Hitze könnten die weltweiten Gerstenernten durchschnittlich um drei bis 17 Prozent zurückgehen – je nachdem, wie stark sich das Klima im 21.Jahrhundert erwärmt. Ein so großer Rückgang der Ernte würde die Bierpreise in solchen Jahren noch stärker ansteigen lassen und den Konsum stark verringern. Nicht nur die Auswirkungen der Extremjahre verschlimmern sich mit der globalen Erwärmung, auch deren Häufigkeit könnte deutlich zunehmen. Dies schreiben Wissenschaftler*innen der Universität Peking und der Universität von Kalifornien in Irvine in einem Artikel, der am 15.10.2018 in der Fachzeitschrift Nature Plants veröffentlicht worden ist. Sie hatten für alle repräsentativen Konzentrationspfade (RCP) des Weltklimarats IPCC berechnet, wie stark Gerste zukünftig unter extremer Dürre und Hitze leiden könnte. Im nächsten Schritt haben die Wissenschaftler*innen mit einem ökonomischen Modell berechnet, welches die weltweite Nachfrage nach Gerste mit dem Angebot in ein Gleichgewicht bringt, welche Preise und welches Konsumverhalten sich daraus für verschiedene Länder ergeben könnten. Durchschnittlich könnten sich weltweit im schlimmsten Fall (RCP 8.5) in Extremjahren die Bierpreise verdoppeln. Zudem wäre in diesem Szenario durchschnittlich mehr als jedes vierte Jahr des 21. Jahrhunderts ein Extremjahr. In Deutschland würde der Bierkonsum in Extremjahren um mehr als ein Viertel zurückgehen. Das Bevölkerungswachstum, technologische Verbesserungen und die Effekte einer veränderten Biernachfrage haben die Wissenschaftler*innen allerdings nicht in ihr Model miteinbezogen.

Mindestens zwölf Mal ist von deutschsprachigen Medien unabhängig voneinander über die Studie berichtet worden. Dabei ist kein einziger unabhängiger Experte zitiert worden. Die Süddeutsche Zeitung hat jedoch den Geschäftsführer der Braugersten-Gemeinschaft zu den Studienergebnissen befragt. Die Studie ist meist als Versuch gewertet worden, den Klimawandel durch den Rückgriff auf ein medienwirksameres Thema sichtbarer zu machen. Die Darstellung der Studienergebnisse ist allerdings manchmal etwas unpräzise ausgefallen: So ist teils unklar gewesen, auf welchen Zeitraum und welche Werte (Durchschnitt der Extremjahre vs. Durchschnitt aller Jahre) sich Aussagen über einen Rückgang der Produktion oder des Konsums genau beziehen.

Steckbrief

Journal: Nature Plants

Pressemitteilungen: Ja (von einem Forschungsinstitut [https://www.eurekalert.org/pub_releases/2018-10/uoc–gww101118.php], von einem Forschungsinstitut[https://www.eurekalert.org/pub_releases/2018-10/uoea-srh101118.php])

Aufgegriffen von:

  • Focus Online (15.10.2018)
  • Spektrum.de (15.10.2018)
  • Standard (15.10.2018)
  • Welt (15.10.2018)
  • dpa (16.10.2018): Bonner General-Anzeiger (16.10.2018), Süddeutsche Zeitung Online (16.10.2018), Welt Online (16.10.2018), Zeit Online (16.10.2018), Nürnberger Nachrichten (17.10.2018), VDI Nachrichten (19.10.2018)
  • Frankfurter Allgemeine Zeitung (16.10.2018)
  • scinexx.de (16.10.2018)
  • Spiegel Online (16.10.2018)
  • Tagesspiegel (16.10.2018)
  • Süddeutsche Zeitung (20.10.2018)
  • taz (20.10.2018)
  • Frankfurter Rundschau (21.10.2018)

 

*Protokoll: Hendrik Boldt

Die Vorhersage der Auswahl von Themen seitens der Journalisten gleicht dem täglichen Blick in die Glaskugel. Haben Journalisten das entsprechende Fachjournal auf dem Schirm? Werden sie das Thema aufgreifen und berichten? Wenn ja: mit welchem Dreh? Wenn nein: Kann es sein, dass wichtige entscheidungsrelevante Forschungsergebnisse, über die berichtet werden sollte, übersehen werden? Im Science Media Newsreel dokumentiert das Team des SMC einmal pro Woche rückblickend die kongruenten Wissenschaftsthemen, die aus namentlich genannten Fachzeitschriften in Presseerzeugnissen und Internetangeboten aufgegriffen wurden. Erwähnt werden nur solche Themen, die bei unserem zugegeben unvollständigen Monitoring  in mehr als fünf unterschiedlichen Redaktionen mit textlich nicht identischen Berichten aufgegriffen wurden.