Ein Wochenrückblick des Science Media Center, über welche Forschungsergebnisse viele Wissenschaftsjournalisten zeitnah berichten:

Alkohol schadet schon ab dem ersten Glas (Lancet)

Jeder Schluck Alkohol schadet der Gesundheit – es gibt kein moderates Konsumniveau, das auf die gesamte Gesundheit eines Menschen bezogen besser ist als Abstinenz. Dieses Ergebnis einer neuen Metastudie steht auf den ersten Blick im Widerspruch zu vergangenen Veröffentlichungen, nach denen bei geringen Konsummengen positive Gesundheitseffekte überwögen. Die neue Metastudie ist am 23.08.2018 im Fachblatt Lancet von jenem internationalen Team veröffentlicht worden, die an dem Projekt „Global Burden of Disease“ arbeiten. Für die Studie sind 694 Studien zum Alkoholkonsum und 592 Studien zu damit verbundenen Risiken ausgewertet worden. Die Daten stammen von 28 Millionen Individuen aus 195 Ländern. Weltweit ist Alkohol laut den Autor*innen in der Gruppe der 15- bis 49-Jährigen für 3,8 Prozent der Todesfälle bei Frauen und sogar 12,2 Prozent der Todesfälle bei Männern verantwortlich. Damit steht Alkohol an siebter Stelle der weltweit häufigsten Todesursachen.

In mindestens acht deutschsprachigen Medien ist über die Studie berichtet worden. Auch eine dpa-Meldung dazu ist von zahlreichen Medien übernommen worden. Darin sind als unbeteiligte Experten zwei Wissenschaftler des King’s College London und der Universität Southampton aus einem ebenfalls im Fachblatt Lancet erschienenen Begleitartikel zur Studie zitiert worden. Beide ordnen die Studie als weiteren Beleg dafür ein, dass politisch noch entschiedener gegen Alkoholkonsum vorgegangen werden müsse. Bei Spiegel Online, Stern.de und Zeit Online ist ein Experte der britischen Universität Cambridge zitiert worden. Laut diesem seien die Risiken durch geringen Alkoholkonsum angesichts der Studienergebnisse so gering einzuschätzen, dass sich damit nicht so einfach rechtfertigen ließe, den Konsum von Alkohol weiter politisch einzuschränken. Außerdem muss man unterscheiden, ob man die gesamte Gesundheit eines Menschen betrachtet oder nur einzelnen Erkrankungen (weil ein wenig Alkohol zum Beispiel gut für die Blutgefäße sein kann). Und man muss unterscheiden, ob man von risikolosem oder risikoarmen Konsum spricht und unter welchem Gesichtspunkt man Empfehlungen ausspricht.

Steckbrief

Journal: Lancet

Pressemitteilungen: Ja (von der Fachzeitschrift, von einem Forschungsinstitut)

Aufgegriffen von:
  • Zeit Online (23.08.2018)
  • Aerztezeitung.de (24.08.2018)
  • dpa (24.08.2018): tagesschau.de (24.08.2018), Bonner General-Anzeiger (25.08.2018), Freies Wort (25.08.2018), Welt Online (26.08.2018), Stuttgarter Nachrichten (27.08.2018), Welt (27.08.2018)
  • Spiegel Online (24.08.2018)
  • Deutschlandfunk (25.08.2018)
  • Stern.de (25.08.2018)
  • taz.de (25.08.2018)
  • Frankfurter Allgemeine Zeitung (29.08.2018)

 

Gemeinsames Kind von Neandertaler und anderer Menschenart entdeckt (Nature)

Die Mutter ist eine Neandertalerin, der Vater ein Denisova-Mensch: Erstmals wurde mittels genetischer Untersuchungen Kind identifiziert, das aus der Paarung zweier Menschenarten hervorgegangen ist. Dies schreiben Wissenschaftler*innen unter Leitung des Leipziger Max-Planck-Instituts für Evolutionäre Anthropologie in einem am 22.08.2018 im Fachmagazin Nature veröffentlichten Artikel. Schon länger ist vermutet worden, dass sich die beiden Menschenarten gepaart haben. Zudem konnten mittels genetischer Befunde Spuren des Neandertaler-Gens in einem weiteren Denisova-Menschen nachgewiesen werden. Anhand von Überresten sind insgesamt bislang lediglich sechs Denisova-Menschen genetisch identifiziert worden. Daher sind die zwei gefundenen Vermischungen aus Sicht der Wissenschaftler*innen ein starker Hinweis dafür, dass die Menschenarten sich – wo immer ihre Siedlungsgebiete überlappt haben – oft über Artgrenzen hinweg gepaart haben.

Die wissenschaftliche Entdeckung ist auf ein breites Interesse der Medienöffentlichkeit gestoßen. So haben mindestens 17 deutschsprachige Medien unabhängig voneinander über die Studie berichtet. Einige Berichte, insbesondere bei Spektrum.de, haben dabei sehr ausführlich die Forschung zur Geschichte der Denisova-Menschen erläutert. Bei Spektrum.de, in der Berliner Zeitung sowie in der Stuttgarter Zeitung ist als unbeteiligter Experte ein Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte in Jena zitiert worden.

Steckbrief

Journal: Nature

Pressemitteilungen: Ja (vom Forschungsinstitut)

Aufgegriffen von:
  • Kurier.at (22.08.2018)
  • MDR.de (22.08.2018)
  • science.ORF.at (22.08.2018)
  • Spektrum.de (22.08.2018)
  • Zeit Online (22.08.2018), Zeit (23.08.2018)
  • Deutschlandfunk Forschung Aktuell (23.08.2018), Deutschlandfunk Kultur (30.08.2018)
  • Die Presse (23.08.2018)
  • dpa: Berliner Zeitung (23.08.2018), Spiegel Online (23.08.2018)
  • Neue Zürcher Zeitung (23.08.2018)
  • scinexx.de (23.08.2018)
  • Standard (23.08.2018)
  • Süddeutsche Zeitung Online (23.08.2018), Süddeutsche Zeitung (24.08.2018)
  • Tagesspiegel (23.08.2018)
  • AFP: Stern (24.08.2018), Focus Online (25.08.2018)
  • Tages-Anzeiger (24.08.2018)
  • BILD Leipzig (25.08.2018), BILD Dresden (25.08.2018)
  • Stuttgarter Zeitung (27.08.2018)

 

*Protokoll: Hendrik Boldt

 

Die Vorhersage der Auswahl von Themen seitens der Journalisten gleicht dem täglichen Blick in die Glaskugel. Haben Journalisten das entsprechende Fachjournal auf dem Schirm? Werden sie das Thema aufgreifen und berichten? Wenn ja: mit welchem Dreh? Wenn nein: Kann es sein, dass wichtige entscheidungsrelevante Forschungsergebnisse, über die berichtet werden sollte, übersehen werden? Im Science Media Newsreel dokumentiert das Team des SMC einmal pro Woche rückblickend die kongruenten Wissenschaftsthemen, die aus namentlich genannten Fachzeitschriften in Presseerzeugnissen und Internetangeboten aufgegriffen wurden. Erwähnt werden nur solche Themen, die bei unserem zugegeben unvollständigen Monitoring in mehr als fünf unterschiedlichen Redaktionen mit textlich nicht identischen Berichten aufgegriffen wurden.