Ein Wochenrückblick des Science Media Center, über welche Forschungsergebnisse viele Wissenschaftsjournalisten zeitnah berichten.

Die Vorhersage der Auswahl von Themen seitens der Journalisten gleicht dem täglichen Blick in die Glaskugel. Haben Journalisten das entsprechende Fachjournal auf dem Schirm? Werden sie das Thema aufgreifen und berichten? Wenn ja: mit welchem Dreh? Wenn nein: Kann es sein, dass wichtige entscheidungsrelevante Forschungsergebnisse, über die berichtet werden sollte, übersehen werden? Im Science Media Newsreel berichtet das Team des SMC einmal pro Woche rückblickend über die kongruenten Wissenschaftsthemen, die aus namentlich genannten Fachzeitschriften in Presseerzeugnissen und Internetangeboten aufgegriffen wurden. Erwähnt werden nur solche Themen, die bei unserem zugegeben unvollständigen Monitoring in mehr als fünf unterschiedlichen Redaktionen mit textlich nicht identischen Berichten aufgegriffen wurden.

 

Zerplatzende Gasbläschen lassen Finger knacken (Scientific Reports)

Zerplatzende Gasbläschen sind die Ursache für das Knacken von Gelenken. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die am 29.03.2018 im Journal Scientific Reports erschienen ist. In der Fachwelt herrscht seit langem eine Kontroverse über die Herkunft des Knackgeräuschs. Nun haben die Forscher um Vineeth Chandran Suja ein mathematisches Modell entwickelt, um das Geräusch der zerplatzenden Blasen zu simulieren. Diese Simulation haben sie dann mit dem tatsächlichen Knacken verglichen. Sie stimmten in ihrer Frequenz überein. Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass in der Gelenkflüssigkeit gelöster Sauerstoff durch Unterdruck beim Knacken aus der Flüssigkeit entweicht. Platzt diese Gasblase, entsteht das bekannte Geräusch des Fingerknackens. Das Gas löst sich dann nach und nach wieder in der Gelenkflüssigkeit, sodass man nach etwa 20 Minuten erneut knacken kann.

Die Studie wurde von mindestens fünf deutschsprachigen Medien aufgegriffen. Zwei der Artikel beschäftigen sich mit verschiedenen kontroversen Forschungsergebnissen der Vergangenheit zu diesem Thema. Uneins sind sich die Journalisten in der Bewertung der potentiellen Gesundheitsgefahr, die vom Fingerknacken ausgeht: In der dpa-Meldung wird eine Ärztin zitiert, die davor warnt, mit zu häufigem Knacken seine Gelenke auszuleiern. Spektrum.de berichtet dagegen, es gäbe keine Beweise für schädliche Effekte. Drei der fünf Artikel erwarten eine weitere Kehrtwende in der Forschung.

Steckbrief:

  • Journal: Scientific Reports
  • Pressemitteilung: keine gefunden
  • Aufgegriffen von:
  • de (29.03.2018)
  • Standard (02.04.2018)
  • dpa (03.04.2018; aufgegriffen von Berliner Zeitung, Tagesspiegel, Stern, Spiegel Online)
  • Süddeutsche Zeitung (03.04.2018)
  • Schwäbisches Tagblatt (04.04.2018)

 

Steuern als Mittel gegen nicht übertragbare Krankheiten (The Lancet)

Steuern auf ungesunde Lebensmittel wie Alkohol oder Softdrinks können die Ausbreitung nicht übertragbarer Krankheiten mindern. Zu diesem Ergebnis kommen fünf Studien, die am 04.04.2018 im Journal The Lancet erschienen sind. Der Konsum von Suchtmitteln und ungesunden Lebensmitteln ist häufige Ursache von Erkrankungen wie Diabetes, Schlaganfall oder Krebs. Besonders einkommensschwache Schichten könnten durch solche Steuern geschützt werden, da bei ihnen der Konsum dieser gesundheitsschädlichen Lebensmittel oft besonders hoch sei, so die Forscher. Gleichzeitig seien sie aber auch von wirtschaftlichen Folgen der Erkrankungen stärker betroffen.

Die Studie ist in mindestens sieben deutschsprachigen Medien aufgetaucht, dazu wurde eine dpa-Meldung von zahlreichen Zeitungen übernommen. Die Studie ist zeitgleich mit einem Bericht der Verbraucherorganisation Foodwatch erschienen, die Vorwürfe gegenüber dem Soft-Drink-Hersteller Coca-Cola erhoben hat. Dieser würde nicht ausreichend auf den hohen Zuckergehalt seiner Getränke hinweisen. Außerdem tritt am 06.04.2018 in Großbritannien eine Unternehmensabgabe für zuckerhaltige Limonaden in Kraft. Viele Unternehmen hatten deshalb den Zuckergehalt ihrer Getränke bereits vorab gesenkt.

Diese drei Ereignisse waren in vielen Fällen gemeinsam Inhalt der Berichterstattung. In einigen Artikel wird die Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner zitiert, die sich gegen eine höhere Besteuerung von ungesunden Lebensmitteln ausspricht. Auch in zahlreichen englischsprachigen Medien wurde über die Studie und die neue Abgabe in Großbritannien berichtet. Man sieht an diesem Fall, wie ein Thema von vielen Medien gleichzeitig zur Nachricht gemacht wird, weil die Publikation Mehrsystemrelevanz hat – also neben gesundheitlichen auch wirtschaftliche und gesundheitspolitische Aspekte vereint.

Steckbrief

  • Journal: The Lancet
  • Aufgegriffen von:
  • Berliner Zeitung (05.04.2018)
  • DLF24 (05.04.2018)
  • dpa (05.04.2018); aufgegriffen von: Aachener Zeitung, Ärzte-Zeitung, Berliner Morgenpost, Handelsblatt, Kölnische Rundschau, Kurier, Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag, Standard, Stuttgarter Zeitung, Süddeutsche Zeitung)
  • FAZ (05.04.2018)
  • Sächsische Zeitung (05.04.2018)
  • Welt (05.04.2018)
  • Deutsches Ärzteblatt (06.04.2018)
  • Zahlreiche englischsprachige Medien, vor allem mit Bezug auf die neue Steuer in UK

 

Protokoll: Jana Ballweber