Geld zu nehmen, um Journalismus zu finanzieren, ist riskant. Aber wie lassen sich die Risiken abschätzen? Ein Vorschlag VON MARKUS LEHMKUHL
Es gibt wohl kaum ein Thema im Journalismus, das derzeit anschlussfähiger wäre als die Erosion des klassischen Geschäftsmodells, unter der fast die gesamte Branche zu ächzen scheint. Entsprechend vital ist die Diskussion über neue Erlösmodelle, die insbesondere teure „Spezialjournalismen“ wie den Investigativjournalismus oder auch den Wissenschaftsjournalismus über Wasser halten könnten. Wie unsere Recherchen zeigen, existieren alternative Erlösmodelle im Wissenschaftsjournalismus längst, wenn auch nicht in Deutschland.
Relativ prominente Beispiele: Die wöchentlich erscheinende Beilage „Forschung spezial“ des Wiener Standard wird seit über zehn Jahren maßgeblich getragen unter anderem durch Zuwendungen des Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF und dem Ministerium für Wissenschaft und Forschung. Diese Beilage existiert nur, weil sie Unterstützer hat. Gleiches gilt für die wöchentliche Wissenschafts-Doppelseite im Schweizer Gratis-Blatt „20 Minuten“, das von der Agentur scitec-media zugeliefert wird. Die Kosten tragen die beiden Schweizer Stiftungen Gebert Rüf und Mercator.
Zwanglos erklären lässt sich die Existenz dieser und auch der anderen Modelle damit, dass der Wissenschaftsjournalismus ebenso wie der Sportjournalismus nicht im Ruf steht, große Distanz zu seinem Berichterstattungsgegenstand zu wahren. Wissenschaftsjournalismus ist nach wie vor dominiert von Erfolgsgeschichten, unter anderem deshalb, weil er für Wissenschaftskritisches bislang jedenfalls kein großes Publikum begeistern kann. Und selbst da, wo er Pseudo-Science als Pseudo-Science anprangert, dort, wo er auf die Limitationen oder Ambivalenzen wissenschaftlicher Studien hinweist, dort, wo er kritisch nach wissenschaftlicher Evidenz fragt, darf er grundsätzlich auf die Wertschätzung relevanter Akteure in Wissenschaftsorganisationen oder wissenschaftsnahen Stiftungen bauen.
Unabhängiger Journalismus oder unkritische Verlautbarungen?
Grenzen findet diese Wertschätzung dort, wo Journalismus ganz „unwissenschaftlich“ oder aber ganz grundsätzlich Wissenschaft attackiert oder kritisiert. Grenzen findet die Wertschätzung aber auch dort, wo Journalismus übervereinfachend wissenschaftliche Sachverhalte verzerrt. Solche journalistischen Produkte findet man aber eher selten im spezialisierten Wissenschaftsjournalismus. Denn zum Selbstverständnis und zur Professionalität eines Wissenschaftsjournalisten gehört es ja gerade, die Wissenschaft mit wissenschaftlichen Ellen zu messen.
Im Ergebnis existieren große Schnittmengen zwischen dem, was ein unabhängiger und durchaus anspruchsvoller Wissenschaftsjournalismus will und kann und dem, was wissenschaftsnahe Förderer wollen, aber nicht vermögen. Vielleicht auch deshalb gibt es keinen Konsens darüber, wie das Schweizer und das Österreichische Modell zu bewerten sind. Solche Modelle scheinen aber das Zeug zu haben, die Szene zu emotionalisieren, mindestens in der Schweiz. Die Zeitschrift Saldo attackierte besonders das stiftungsfinanzierte Modell von „20 Minuten“ mit dem Argument, das sei kein unabhängiger Journalismus, sondern allenfalls unkritische Verlautbarung wissenschaftsfreundlicher Botschaften. Eine Bewertung, die der angesprochene Chef von scitech-media, Beat Glogger, entschieden zurückwies.
Zwei Positionen trafen hier unvereinbar aufeinander. Eine, die auch im Wissenschaftsjournalismus vor allem den unabhängigen und neutralen Beobachter und Kontrolleur sehen will. Eine andere, die sich unter Wissenschaftsjournalismus kaum mehr vorstellen will oder kann als eine Art Erklärbären für das Komplizierte, das er einfachen und möglichst jungen Leuten durch die Anwendung gängiger Vermittlungsstrategien näher zu bringen versucht. Das Ergebnis: Konfrontation, nicht Verständigung. Gut – Böse – Rhetorik statt Suche nach belastbaren Faktoren für die Beurteilung des Sponsoring eines konkreten journalistischen Produktes.
Um die Freund-Feind-Rhetorik von vorneherein zu durchbrechen und konstruktiv über Für und Wider von Sponsoring zu diskutieren, kann man sich einen Vorschlag von zwei Neuseeländern zunutze machen. Peter Adams und Fiona Rossen schlagen vor, sich zunächst auf eins zu verständigen: Jede Art von Finanzierung birgt Risiken für den Journalismus, das gilt für die erodierende „klassische“ Finanzierung aus Abo und Werbung wie selbst für das Crowdsourcing oder die Finanzierung aus öffentlich-rechtlichen Stiftungen. Abhängig vom Finanzierungsmodell lauern Risiken allerdings an unterschiedlichen Orten. Öffentlich-rechtliche Finanzierungen stärken die journalistische Unabhängigkeit, sie schwächen aber unter Umständen die Publikumsorientierung. Sponsormodelle schwächen die journalistische Unabhängigkeit, vermögen aber einer Verflachung Vorschub zu leisten, die eine große Abhängigkeit vom Lesermarkt unter Umständen nach sich zieht.
Relevante Faktoren für eine Risikoabwägung
Wenn man sich darauf verständigt hat, sollte man nach Auffassung der beiden Neuseeländischen Philosophen daran gehen und zu analysieren versuchen, welche relevanten Risikoquellen es gibt. Ausgehend davon schließlich braucht man Faktoren, die für eine konsensorientierte, diskursive Risikoabwägung relevant sind. Adams und Rossen haben das im Auftrag von gemeinnützigen sozialen Organisationen versucht. Diese Organisationen fragten sich, ob sie Geld, das direkt oder indirekt aus Profiten mit Spielautomaten, Wetten oder Casinos stammt, für die Finanzierung ihrer Organisationen annehmen sollten. Sie sahen sich dem ethischen Dilemma gegenüber, aus ihrer Sicht Gutes nur dann tun zu können, wenn sie Geld aus Quellen annehmen, die aus ihrer Sicht Schlechtes tun, nämlich Glücksspiele organisieren.
Auf Verlage und Rundfunkanbieter angewendet, stellt sich die Situation angesichts eines starken Kostendruckes etwa so dar: Sie müssen sich fragen, ob sie Geld von Dritten annehmen oder besser auf ein wissenschaftsjournalistisches Angebot verzichten. Sie müssen also zwei Risiken gegeneinander abwägen. Das Risiko, kein Angebot zu machen, mit dem Risiko, Geld von Externen anzunehmen.
In Anlehnung an das, was Adams und Rossen vorschlagen, gibt es drei Risikoquellen, die für die Abwägung des Sponsoring ganz besonders relevant sind.
1. Verlust oder Einschränkung der Unabhängigkeit
Sowohl der Wiener Standard als auch das stiftungsfinanzierte Angebot von „20-Minuten“ legen wert darauf, ihre Unabhängigkeit zu betonen. Beide beziehen ihre Rede von der Unabhängigkeit darauf, dass sich die Finanziers nicht ins operative Geschäft einmischen, also etwa Themen vorgeben oder Einfluss nehmen auf die Gestaltung der Beiträge. Also, so das Signal, alles in Ordnung!
Maßgeblich für die Abschätzung der Risiken für die Unabhängigkeit der journalistischen Arbeit ist aber sicherlich nicht nur der Umstand, ob ein Geldgeber sich in die Auswahl der Themen und deren konkrete Umsetzung einmischt. Das ist allenfalls die allerletzte Stufe einer Verwandlung des Journalismus in ein Mietmaul. Maßgeblich ist auch der Anteil der Kosten, die ein einzelner Sponsor oder Unterstützer beisteuert. Je höher die Anteile einzelner Unterstützer sind, desto größer wird das Abhängigkeits-Risiko. Trotz reklamierter oder tatsächlicher Unabhängigkeit, die sich auf das operative Geschäft der Auswahl und Aufbereitung von Wissenschaftsthemen bezieht und trotz der Tatsache, dass es relativ viele Unterstützer gibt, ist dieses Risiko im Falle der Beilage des Standard ganz erheblich.
Angesichts der Zahlungen an den Verlag muss man davon ausgehen, dass die Refinanzierung der gesamten Beilage ganz maßgeblich vom FWF und vom Forschungsministerium abhängt. Sollte eine der beiden Institutionen solche Unterstützungen nicht mehr für adäquat halten, dürften die anderen Institutionen dieser Haltung folgen. Es ist deshalb schwer vorstellbar, dass die Wissenschaftsredaktion ihr Produkt durch Kritik an den maßgeblichen Förderern existenziell gefährdete. Diese Beschränkung fällt im Falle des Standard besonders ins Gewicht, weil es sich bei den Förderern um Institutionen handelt, die den eigentlichen Berichterstattungsgegenstand – aktuelles Wissenschaftsgeschehen – maßgeblich gestalten und deshalb mindestens indirekt die Berichterstattung über sich selbst finanzieren. Dass dies zu Problemen führt, ist im Medienjournalismus zu besichtigen, jedenfalls dann, wenn der Verlag oder Rundfunkanbieter, der ihn finanziert, zum Gegenstand der Berichterstattung wird.
Risiko verschärfend hinzu kommt, dass sich eine Gefährdung der Unabhängigkeit anders als beim Medienjournalismus nicht weitgehend auf eine ganz kleine redaktionelle Untereinheit beschränken lässt. Wissenschaft ist ein Querschnittsthema, sie ist in allen Ressorts periodisch von hoher Relevanz. Dadurch, dass die Untereinheit Wissenschaft beim Standard von der journalistischen Aussagenentstehung der Gesamtredaktion organisatorisch nicht klar getrennt ist, besteht ein moderates Risiko, dass die „Beißhemmung“ sich auch auf andere Ressorts des Standard ausdehnt, die von der Unterstützung gar nicht profitieren. Besonders groß ist dieses Risiko bei der klassisch finanzierten Wissenschaftsberichterstattung des Standard, die Teil des Kulturressorts ist. Es ist nur schwer vorstellbar, dass ein „klassisch“ finanzierter Redakteur durch Angriffe auf einen maßgeblichen Förderer die Arbeitsgrundlage seiner Kollegen aufs Spiel setzt.
Im Falle von „20-Minuten“ ist das Abhängigkeitsrisiko anders gelagert und deshalb schwieriger zu beurteilen, und zwar im Wesentlichen aus zwei Gründen: Erstens handelt es sich bei den Förderern, den Stiftungen Gebert Rüf und Mercator, nicht gleichzeitig um maßgebliche Player in der Schweizer Wissenschaftsszene. Es ist also weit weniger wahrscheinlich, dass diese Stiftungen selbst zu Gegenständen der Berichterstattung werden. Und zweitens sind die Mitarbeiter der Agentur, die diese Doppelseite zuliefert, organisatorisch von der Produktion der sonstigen Inhalte von „20 Minuten“ getrennt. Es ist zwar nicht unwahrscheinlich, dass auch die anzeigenfinanzierte Redaktion eine „Beißhemmung“ gegenüber den beiden Stiftungen ausprägen dürfte. Es ist aber nicht wahrscheinlich, dass diese Beißhemmung journalistisch von größerer Relevanz ist.
Ein Abhängigkeitsrisiko lässt sich bei diesem Modell eher auf der Ebene der Agentur scitech-media vermuten. Begründet wird das dadurch, dass die Agentur nicht nur diese Doppelseite produziert, sondern außerdem auch Wissenschafts-PR betreibt. Dadurch besteht das Risiko für „20 Minuten“, dass die Abhängigkeit der Agentur von ihren Wissenschafts-Kunden Einfluss gewinnt auf das, was auf der Doppelseite wie thematisiert wird. Dieses Risiko lässt sich aber nur dann qualitativ abschätzen, wenn man genauere Kenntnis hat über das Business-Modell der Agentur scitech-media. Grundsätzlich gilt aber: Je größer die Abhängigkeit dieser Agentur von den PR Erlösen aus der Wissenschaft, desto größer ist auch hier die Wahrscheinlichkeit, dass man über die berichtet, von denen man finanziell abhängig ist.
2. Verlust von Reputation und Glaubwürdigkeit
Neben einem Risiko für die journalistische Unabhängigkeit, das man bezogen auf die beiden hier diskutierten Beispiele zwischen den Polen sehr groß und allenfalls moderat ansiedeln kann, birgt das Sponsoring Reputations-Risiken prinzipiell für beide Seiten. Sowohl für den Geldgeber als auch für den, der das Geld annimmt. Seinen guten Ruf riskiert ein Verlag dann, wenn eine Finanzierungspraxis von relevanten Außenstehenden nicht in Einklang zu bringen ist mit dem, was den guten Ruf begründet hat. So birgt die Annahme von Geld speziell vom Forschungsministerium für die Refinanzierung von etwas, das der Wiener Standard selbst als unabhängigen Wissenschaftsjournalismus bezeichnet, ein erhebliches Risiko. Außenstehende könnten diese Praxis für unvereinbar halten mit dem, was sie aus guten Gründen mit den Eigenschaften eines unabhängigen Qualitätsjournalismus in Verbindung bringen, nämlich Staatsferne.
Im Ergebnis besteht ein erhebliches Risiko, dass die Glaubwürdigkeit des Standard Schaden nimmt, die eine ganz wesentliche Voraussetzung für die Wertschätzung des Standard durch Außenstehende darstellen dürfte. Wieso sollte man Geld ausgeben für ein Produkt, dessen Integrität in Frage steht? Dabei kommt es in der Außenwahrnehmung nicht unbedingt darauf an, dass ja nur ein winziger Teil der Text-Produktion des Standard mit Geld einer staatlichen Institution ermöglicht wird. Es kommt auch nicht unbedingt darauf an, dass man beim Standard die Aufgabe speziell des Wissenschaftsjournalismus offensichtlich nicht darin sieht, maßgebliche Wissenschaftsförderer zu kontrollieren oder zu kritisieren. Ein Reputations-Risiko birgt allein die Tatsache, dass der Verlag überhaupt Geld einer staatlichen Institution annimmt und dabei offenbar gleichwohl Unabhängigkeit für sich reklamiert.
Im Falle von „20 Minuten“ liegen die Dinge anders. Denn um einen guten Ruf zu verlieren, muss man einen solchen haben. Um ein erhebliches Reputationsrisiko anzunehmen, müsste man davon ausgehen, dass relevante Außenstehende dem Journalismus dieses Gratis-Blattes großes Vertrauen entgegenbringen. Eine solche Annahme liegt nicht eben nahe, weil ja der Verlag seinen Lesern klarmacht, dass sein Produkt (geld-)wertlos ist. Entsprechend wird man das Reputationsrisiko für die Tamedia AG als klein einschätzen dürfen. Im Gegenteil wird man argumentieren können, dass die Reputation von „20 Minuten“ durch das Engagement zweier gemeinnütziger privater Stiftungen potentiell aufgewertet wird. Dieser Fall birgt entsprechend mutmaßlich höhere Reputations-Risiken für die Stifter als für den Nutznießer, die Tamedia AG. Dies gilt aus meiner Sicht gerade auch dann, wenn sich Abhängigkeiten der Agentur scitech-media von der PR in der Berichterstattung niederschlagen sollten und dies bekannt würde. Die Rufschädigung wäre für die Stiftungen mutmaßlich größer als für „20 Minuten“, ein Produkt, das nichts kostet und bei dem sich Leser nicht überrascht zeigen dürften, wenn Vermischungen von PR und Journalismus bekannt würden.
3. Risiken für den Zusammenhalt innerhalb einer Redaktion
Die Unterstützung durch Dritte, die sich auf ganz bestimmte Organisationseinheiten eines Verlages beschränkt, birgt Risiken für den inneren Zusammenhalt einer Redaktion. Dies bezieht sich einerseits auf die Möglichkeit der Ausgrenzung „gesponserter“ Kollegen aus dem Kreis der Kernbeschäftigten, die sich ihren Kollegen überlegen fühlen. Andererseits sind auch innere Konflikte klassisch finanzierter Journalisten desselben Hauses vorprogrammiert, wenn deren Rechercheergebnisse und deren Berichterstattung die Existenzgrundlage einiger Kollegen gefährden könnte.
Ein solches Risiko ist im Falle von „20 Minuten“ wiederum nicht zu erkennen, weil die Doppelseiten von Mitarbeitern einer Agentur zugeliefert werden, die trotz der anzunehmenden engen Zusammenarbeit mit einzelnen Tamedia-Mitarbeitern keinen Kollegenstatus haben dürften.
Aus diesen Überlegungen lassen sich drei Faktoren ableiten, die eine schnelle und relativ differenzierte Abschätzung ermöglichen, wie groß das Risiko für die Unabhängigkeit, die Reputation bzw. Glaubwürdigkeit und den inneren Zusammenhalt einer Redaktion sind. Sämtliche Faktoren lassen sich gestuft abschätzen (sehr hoch/groß – sehr niedrig/klein).
- Faktor 1: Die „Wissenschaftsnähe“ eines Sponsors
Risiken für Unabhängigkeit, Reputation und inneren Zusammenhalt einer Redaktion erscheinen umso größer, je wahrscheinlicher es ist, dass ein Unterstützer Gegenstand der Berichterstattung wird. Je wissenschaftsnäher ein Förderer, desto wahrscheinlicher werden Konflikte zwischen den Absichten einer Redaktion und dem Sponsor. Sehr wissenschaftsnahe Förderer können weiter differenziert werden. Das Risiko erscheint umso höher, je konkreter Bezüge zwischen Berichterstattung und Förderer ausfallen. Das Sponsoring durch einzelne Universitäten birgt deshalb noch größere Risiken, dass es zu Konflikten kommt, als die Förderung durch große Wissenschaftsfördererorganisationen, die selbst mit geringerer Wahrscheinlichkeit Gegenstand der Berichterstattung werden.
- Faktor 2: Der Anteil einzelner Sponsoren an den Gesamtkosten
Es kommt bei dieser Abschätzung auf die Anteile an, die einzelne Sponsoren zur Finanzierung eines Produktes beisteuern. Je größer dieser Anteil ist, desto größer ist das Risiko für Unabhängigkeit, Reputation/Glaubwürdigkeit und inneren Zusammenhalt einer Redaktion. Es kommt darüber hinaus aber unter Umständen auch darauf an, wie eine Sponsorengruppe zusammengesetzt ist. Es ist für die Risikoabschätzung wesentlich, ob Sponsoren einem einzigen gesellschaftlichen Kontext zuzuordnen sind. Wenn sich ein Angebot etwa zu nicht mehr als fünf Prozent aus den Anteilen eines einzelnen Sponsors finanzieren lässt wie das etwa beim Science Media Center in Großbritannien der Fall ist, dann ist darüber hinaus relevant, ob es sich bei den einzelnen Sponsoren sämtlich um Wissenschaftsorganisationen handelt, bei denen man von einer gleichgerichteten Meinungsbildung ausgehen kann. In einem solchen Fall ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass der Rückzug eines einzelnen Sponsors den Rückzug weiterer Sponsoren nach sich zieht.
- Faktor 3: Der Grad der organisationellen und inhaltlichen Einbindung unterstützter Teile in ein größeres Ganzes
Risiken für Unabhängigkeit, Reputation/Glaubwürdigkeit und den inneren Zusammenhalt einer Redaktion erscheinen umso größer, je weniger abgetrennt ein unterstützter Teil wie eine Beilage oder eine einzelne Sendung von einem Gesamtprodukt inhaltlich und organisatorisch ist. Relevante konkrete Kriterien sind etwa, ob fremdfinanzierte Mitarbeiter eingebunden sind in die Gesamtredaktion und auch anderen redaktionellen Organisationseinheiten zuarbeiten. Relevant ist darüber hinaus, wie stark sich ein Produkt optisch und inhaltlich von einem Gesamtangebot abhebt.
Ausgehend davon lassen sich die Sponsoring Modelle im Wissenschaftsjournalismus bezogen auf ihr Risiko differenziert grafisch darstellen. Eine solche Abschätzung lässt sich aber nicht „objektiv“ vornehmen. Wohl aber kann man die einzelnen Modelle einer Abschätzung durch relevante Außenstehende unterziehen. Deshalb haben wir einzelne Modelle nebeneinandergestellt und laden dazu ein, die Risiken dieser Modelle durch wenige Clicks einzuschätzen. Dies kann auch dazu dienen, Anhaltspunkte dafür zu gewinnen, auf welche Akzeptanz diese Modelle innerhalb einer professionellen Community stoßen.
Der Autor Markus Lehmkuhl ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Arbeitsbereich Wissenschaftskommunikation der Freien Universität Berlin. Er leitet die Redaktion von meta seit 2007.
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